DIE HEILSBOTSCHAFT NACH JOHANNES

Vorwort: Jesus als das menschgewordene ›Wort‹ (1,1-18)

a) Wesen, Wirken und Bedeutung des uranfänglichen ›Wortes‹

1
1Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
2Dieses war im Anfang bei Gott.
3Alle Dinge sind durch dieses (Wort) geworden, und ohne dieses ist nichts geworden (von allem), was geworden ist.
4In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
5Und das Licht leuchtet in der Finsternis, doch die Finsternis hat es nicht ergriffen.

b) Verhalten der Welt zu dem menschgewordenen ›Wort‹

6Es trat ein Mann auf, von Gott gesandt, sein Name war Johannes;
7dieser kam, um Zeugnis abzulegen, Zeugnis von dem Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kämen.
8Er war nicht selbst das Licht, sondern Zeugnis sollte er von dem Licht ablegen.
9Das Licht war da, das wahre, das jeden Menschen erleuchtet, es kam gerade in die Welt;
10es war in der Welt, und die Welt war durch ihn (der das Licht war) geschaffen worden, doch die Welt erkannte ihn nicht.
11Er kam in das Seine, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf;
12allen aber, die ihn annahmen, verlieh er das Anrecht, Kinder Gottes zu werden, nämlich denen, die an seinen Namen glauben,
13die nicht durch Geblüt oder durch den Naturtrieb des Fleisches, auch nicht durch den Willen eines Mannes, sondern aus Gott gezeugt sind.

c) Das ›Wort‹ offenbart seine Herrlichkeit in Menschengestalt, wird vom Täufer angekündigt und bringt Gottes Gnade und Wahrheit

14Und das Wort wurde Fleisch und nahm seine Wohnung unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, eine Herrlichkeit, wie sie dem eingeborenen Sohne vom Vater verliehen wird; eine mit Gnade und Wahrheit erfüllte.
15Johannes legt Zeugnis von ihm ab und hat laut verkündet: »Dieser war es, von dem ich gesagt habe: ›Der nach mir kommt, ist (schon) vor mir gewesen, denn er war eher als ich.‹«
16Aus seiner Fülle haben wir ja alle empfangen, und zwar Gnade über Gnade.
17Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben worden, aber die Gnade und die Wahrheit sind durch Jesus Christus geworden.
18Niemand hat Gott jemals gesehen: der eingeborene Sohn, der an des Vaters Brust liegt, der hat Kunde (von ihm) gebracht.

I. Einführung Jesu in die Welt (1,19-51)

1. Der Vorläufer; Zeugnis Johannes des Täufers von sich selbst und von Jesus

a) Des Täufers Zeugnis über sich selbst vor den Gesandten des Hohen Rates

19Dies ist nun das Zeugnis des Johannes, als die Juden aus Jerusalem Priester und Leviten zu ihm sandten, die ihn fragen sollten, wer er sei.
20Da bekannte er unverhohlen und erklärte offen: »Ich bin nicht Christus
21Sie fragten ihn weiter: »Was denn? Bist du Elia?« Er sagte: »Nein, ich bin es nicht.« »Bist du der Prophet?« Er antwortete: »Nein.«
22Da sagten sie zu ihm: »Wer bist du denn? Wir müssen doch denen, die uns gesandt haben, eine Antwort bringen! Wofür gibst du selbst dich aus?«
23Da antwortete er: »Ich bin die Stimme dessen, der in der Wüste ruft: ›Ebnet dem Herrn den Weg!‹, wie der Prophet Jesaja geboten hat.«
24Die Gesandten aber gehörten zu den Pharisäern
25und fragten ihn weiter: »Warum taufst du denn, wenn du weder Christus noch Elia, noch der Prophet bist?«
26Da antwortete Johannes ihnen: »Ich taufe nur mit Wasser; aber mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt,
27der nach mir kommt und für den ich nicht gut genug bin, ihm den Riemen seines Schuhwerks aufzubinden.«
28Dies ist in Bethanien geschehen jenseits des Jordans, wo Johannes sich aufhielt und taufte.

b) Des Täufers Zeugnis über Jesus vor seinen Jüngern

29Am folgenden Tage sah er Jesus auf sich zukommen; da sagte er: »Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!
30Dieser ist’s, von dem ich gesagt habe: ›Nach mir kommt ein Mann, der (schon) vor mir gewesen ist; denn er war eher da als ich.‹
31Ich selbst kannte ihn nicht; aber damit er Israel offenbart würde, deshalb bin ich gekommen, ich mit meiner Wassertaufe.«
32Weiter legte Johannes Zeugnis ab mit den Worten: »Ich habe gesehen, daß der Geist wie eine Taube aus dem Himmel herabschwebte und auf ihm blieb;
33und ich selbst kannte ihn nicht, aber der, welcher mich gesandt hat, um mit Wasser zu taufen, der hat zu mir gesagt: ›Auf welchen du den Geist herabschweben und auf ihm bleiben siehst, der ist’s, der mit heiligem Geiste tauft.‹
34Nun habe ich selbst es auch gesehen und bezeugt, daß dieser der Sohn Gottes ist.«

2. Selbstoffenbarung Jesu vor seinen ersten fünf Jüngern

35Am folgenden Tage stand Johannes wieder da mit zweien seiner Jünger,
36und indem er den Blick auf Jesus richtete, der dort umherging, sagte er: »Seht, das Lamm Gottes!«
37Als die beiden Jünger ihn das sagen hörten, gingen sie hinter Jesus her;
38dieser wandte sich um, und als er sie hinter sich herkommen sah, fragte er sie: »Was sucht ihr?« Sie antworteten ihm: »Rabbi« – das heißt übersetzt ›Meister‹ –, »wo hast du deine Herberge
39Er antwortete ihnen: »Kommt mit, so werdet ihr es sehen!« Sie gingen also mit und sahen, wo er seine Herberge hatte, und blieben jenen ganzen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.
40Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer von den beiden, die es von Johannes gehört hatten und hinter Jesus hergegangen waren.
41Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: »Wir haben den Messias« – das heißt übersetzt ›den Gesalbten‹ – »gefunden.«
42Er führte ihn dann zu Jesus; dieser blickte ihn an und sagte: »Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas – das heißt übersetzt ›Fels‹ – heißen.«

43Am folgenden Tage wollte Jesus nach Galiläa aufbrechen; da traf er Philippus und sagte zu ihm: »Folge mir nach!«
44Philippus stammte aber aus Bethsaida, dem Heimatort des Andreas und des Petrus.
45Philippus traf (darauf) den Nathanael und berichtete ihm: »Wir haben den gefunden, von welchem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, den Sohn Josephs, aus Nazareth.«
46Da sagte Nathanael zu ihm: »Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen?« Philippus erwiderte ihm: »Komm mit uns sieh!«
47Als Jesus den Nathanael auf sich zukommen sah, sagte er von ihm: »Siehe da, in Wahrheit ein Israelit, in dem kein Falsch ist!«
48Nathanael fragte ihn: »Woher kennst du mich?« Jesus antwortete ihm mit den Worten: »Noch ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, habe ich dich gesehen.«
49Da antwortete ihm Nathanael: »Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel!«
50Jesus gab ihm zur Antwort: »Du glaubst (an mich), weil ich dir gesagt habe, daß ich dich unter dem Feigenbaum gesehen habe? Du wirst noch Größeres als dies zu sehen bekommen.«
51Dann fuhr er fort: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes über dem Menschensohn hinauf- und herabsteigen sehen.«

II. Jesus offenbart seine göttliche Herrlichkeit vor der Welt (Kap. 2-12)

1. Jesu erstes Wunderzeichen auf der Hochzeit zu Kana

2
1Am dritten Tage darauf fand zu Kana in Galiläa eine Hochzeit statt, und die Mutter Jesu nahm daran teil;
2aber auch Jesus wurde mit seinen Jüngern zu der Hochzeit eingeladen.
3Als es nun an Wein mangelte, sagte die Mutter Jesu zu ihm: »Sie haben keinen Wein (mehr)!«
4Jesus antwortete ihr: »Was kümmern dich meine Angelegenheiten, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.«
5Seine Mutter sagte dann zu den Aufwärtern: »Was er euch etwa sagt, das tut.«
6Nun waren dort sechs steinerne Wassergefäße aufgestellt, wie es die Sitte der jüdischen Reinigung erforderte; jedes von ihnen faßte zwei bis drei große Eimer.
7Da sagte Jesus zu den Aufwärtern: »Füllt die Gefäße mit Wasser!« Sie füllten sie darauf bis oben hin.
8Dann sagte er zu ihnen: »Schöpft nun davon und bringt es dem Speisemeister!« Sie brachten es hin.
9Als aber der Speisemeister das zu Wein gewordene Wasser gekostet hatte, ohne zu wissen, woher es gekommen war – die Aufwärter aber, die das Wasser geschöpft hatten, wußten es –, ließ der Speisemeister den Bräutigam rufen
10und sagte zu ihm: »Jedermann setzt doch (seinen Gästen) zuerst den guten Wein vor und, wenn sie trunken geworden sind, dann den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten.«

11Hiermit machte Jesus den Anfang seiner Zeichen zu Kana in Galiläa; er offenbarte dadurch seine (göttliche) Herrlichkeit, und seine Jünger lernten an ihn glauben.

2. Jesus zum erstenmal in Jerusalem am Passahfest

a) Jesus in Kapernaum; seine Reise nach Jerusalem; die Reinigung des Tempels

12Hierauf zog er nach Kapernaum hinab, er, seine Mutter, seine Brüder und seine Jünger; sie blieben dort aber nur wenige Tage;
13denn weil das Passah der Juden nahe bevorstand, zog Jesus nach Jerusalem hinauf.
14Er fand dort im Tempel die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und die Geldwechsler sitzen.
15Da flocht er sich eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle samt ihren Schafen und Rindern aus dem Tempel hinaus, verschüttete den Wechslern das Geld und stieß ihnen die Tische um
16und rief den Taubenhändlern zu: »Schafft das weg von hier, macht das Haus meines Vaters nicht zu einem Kaufhaus!«
17Da dachten seine Jünger an das Schriftwort: »Der Eifer um dein Haus wird mich verzehren.«
18Nun richteten die Juden die Frage an ihn: »Welches Wunderzeichen läßt du uns sehen (zum Beweis dafür), daß du so vorgehen darfst?«
19Jesus antwortete ihnen mit den Worten: »Brecht diesen Tempel ab, so werde ich ihn in drei Tagen wieder erstehen lassen!«
20Da sagten die Juden: »Sechsundvierzig Jahre lang hat man an diesem Tempel gebaut, und du willst ihn in drei Tagen wieder erstehen lassen?«
21Jesus hatte aber den Tempel seines eigenen Leibes gemeint.
22Als er nun (später) von den Toten auferweckt worden war, dachten seine Jünger an diese seine Worte und kamen zum Glauben an die Schrift und an den Ausspruch, den Jesus (damals) getan hatte.

b) Jesus und Nikodemus

aa) Einführung: Das Wirken Jesu in Jerusalem inmitten des Unglaubens und Halbglaubens des Volkes

23Während er sich nun am Passahfest in Jerusalem aufhielt, kamen viele zum Glauben an seinen Namen, weil sie die Wunderzeichen sahen, die er tat.
24Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an, weil er alle kannte
25und von niemand ein Zeugnis über irgendeinen Menschen nötig hatte; denn er erkannte von sich selbst aus, wie es innerlich mit jedem Menschen stand.

bb) Das Gespräch mit Nikodemus über die innerliche Grundlegung des Reiches Gottes (d.h. über die Wiedergeburt, den neuen Heilsweg und den rechten Glauben)

3
1Nun war da unter den Pharisäern ein Mann namens Nikodemus, ein Mitglied des Hohen Rates der Juden;
2dieser kam zu Jesus bei Nacht und sagte zu ihm: »Rabbi, wir wissen: du bist als Lehrer von Gott gekommen; denn niemand kann solche Wunderzeichen tun, wie du sie tust, wenn Gott nicht mit ihm ist.«
3Jesus gab ihm zur Antwort: »Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Wenn jemand nicht von oben her geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.«
4Nikodemus entgegnete ihm: »Wie kann jemand geboren werden, wenn er ein Greis ist? Kann er etwa zum zweitenmal in den Schoß seiner Mutter eingehen und geboren werden?«
5Jesus antwortete: »Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen.
6Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist.
7Wundere dich nicht, daß ich zu dir gesagt habe: Ihr müßt von oben her geboren werden.
8Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er fährt. Ebenso verhält es sich auch mit jedem, der aus dem Geist geboren ist.«

9Nikodemus entgegnete ihm mit der Frage: »Wie ist das möglich?«
10Jesus gab ihm zur Antwort: »Du bist der Lehrer Israels und verstehst das nicht?
11Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und geben Zeugnis von dem, was wir gesehen haben, und doch nehmt ihr unser Zeugnis nicht an.
12Wenn ich von den irdischen Dingen zu euch geredet habe und ihr nicht glaubt: wie werdet ihr da glauben, wenn ich von den himmlischen Dingen zu euch rede?
13Und niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem einen, der aus dem Himmel herabgekommen ist, (nämlich) der Menschensohn, der im Himmel ist.
14Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muß auch der Menschensohn erhöht werden,
15damit alle, die (an ihn) glauben, in ihm ewiges Leben haben.
16Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn hingegeben hat, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben.
17Denn Gott hat seinen Sohn nicht dazu in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde.
18Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht (an ihn) glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes geglaubt hat.
19Darin besteht aber das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, die Menschen aber die Finsternis mehr geliebt haben als das Licht, denn ihre Werke waren böse.
20Denn jeder, der Nichtiges treibt, haßt das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Werke nicht bloßgestellt werden;
21wer aber die Wahrheit tut, der kommt zum Licht, damit seine Werke offenbar werden, denn sie sind in Gott getan.«

3. Jesus in Judäa und das letzte abschließende Zeugnis des Täufers (für die Gottessohnschaft Jesu)

22Hierauf begab sich Jesus mit seinen Jüngern in die Landschaft Judäa und blieb dort längere Zeit mit ihnen und taufte.
23Aber auch Johannes war (damals noch) als Täufer zu Änon in der Nähe von Salim tätig, weil es dort reichlich Wasser gab; und die Leute kamen dorthin und ließen sich taufen;
24Johannes war nämlich damals noch nicht ins Gefängnis geworfen.
25Da kam es denn zu einem Streite von seiten der Jünger des Johannes mit einem Juden über die Reinigung (durch die Taufe);
26und sie kamen zu Johannes und berichteten ihm: »Rabbi, der Mann, der jenseits des Jordans bei dir war und für den du mit deinem Zeugnis eingetreten bist, denke nur: der tauft (jetzt auch), und alle laufen ihm zu.«
27Da gab Johannes ihnen zur Antwort: »Kein Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel her gegeben ist.
28Ihr selbst könnt mir bezeugen, daß ich gesagt habe: ›Ich bin nicht Christus, sondern bin nur als sein Vorläufer gesandt.‹
29Wer die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dabeisteht und ihm zuhört, freut sich von Herzen über den Jubelruf des Bräutigams. Diese meine Freude ist nun vollkommen geworden.
30Er muß wachsen, ich dagegen muß abnehmen.
31Er, der von oben her kommt, steht höher als alle anderen; wer von der Erde her stammt, der gehört zur Erde und redet von der Erde her. Er, der aus dem Himmel kommt, steht über allen anderen;
32er legt Zeugnis von dem ab, was er (im Himmel) gesehen und gehört hat, und doch nimmt niemand sein Zeugnis an.
33Wer sein Zeugnis angenommen hat, der hat damit besiegelt, daß Gott wahrhaftig ist.
34Denn der, den Gott gesandt hat, redet die Worte Gottes; denn Gott verleiht den Geist nicht nach einem Maß.
35Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gegeben.
36Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohne ungehorsam bleibt, wird das Leben nicht zu sehen bekommen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihn gerichtet

4. Jesus in Samarien

a) Jesu Rückkehr aus Judäa; sein Gespräch mit der Samariterin am Jakobsbrunnen; seine Selbstoffenbarung

4
1Als nun der Herr erfuhr, den Pharisäern sei zu Ohren gekommen, daß Jesus mehr Jünger gewinne und taufe als Johannes –
2übrigens taufte Jesus nicht selbst, sondern nur seine Jünger –,
3verließ er Judäa und kehrte wieder nach Galiläa zurück;
4dabei mußte er aber seinen Weg durch Samaria nehmen.
5So kam er denn ins Gebiet einer samaritischen Stadt namens Sychar, die nahe bei dem Felde liegt, das Jakob einst seinem Sohne Joseph geschenkt hatte.
6Dort war aber der Jakobsbrunnen. Weil nun Jesus von der Wanderung ermüdet war, setzte er sich ohne weiteres am Brunnen nieder; es war ungefähr die sechste Stunde.

7Da kam eine samaritische Frau, um Wasser zu schöpfen. Jesus bat sie: »Gib mir zu trinken!«
8Seine Jünger waren nämlich in die Stadt weggegangen, um Lebensmittel zu kaufen.
9Da sagte die Samariterin zu ihm: »Wie kommst du dazu, da du doch ein Jude bist, von mir, einer Samariterin, einen Trunk zu erbitten?« – Die Juden haben nämlich mit den Samaritern keinen Verkehr. –
10Jesus gab ihr zur Antwort: »Wenn du die Gabe Gottes kenntest und wüßtest, wer der ist, der einen Trunk von dir wünscht, so würdest du ihn bitten, und er würde dir lebendiges Wasser geben.«
11Da erwiderte ihm die Frau: »Herr, du hast ja kein Gefäß zum Schöpfen, und der Brunnen ist tief: woher willst du denn das lebendige Wasser nehmen?
12Du bist doch nicht mehr als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben hat? Und er selbst hat aus ihm getrunken samt seinen Söhnen und seinen Herden.«
13Jesus antwortete ihr: »Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten;
14wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, der wird in Ewigkeit nicht wieder Durst leiden, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Wasserquelle werden, die zu ewigem Leben sprudelt.«
15Die Frau antwortete ihm: »Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich nicht wieder durstig werde und nicht mehr hierher zu kommen brauche, um Wasser zu holen!«

16Da sagte Jesus zu ihr: »Geh hin, rufe deinen Mann und komm dann wieder hierher!«
17Die Frau antwortete: »Ich habe keinen Mann.« Jesus erwiderte ihr: »Du hast mit Recht gesagt: ›Ich habe keinen Mann‹;
18denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Ehemann; damit hast du die Wahrheit gesagt.«
19Die Frau entgegnete ihm: »Herr, ich sehe: du bist ein Prophet.
20Unsere Väter haben auf dem Berge dort (Gott) angebetet, und ihr behauptet, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten müsse.«
21Jesus erwiderte ihr: »Glaube mir, Frau: die Stunde kommt, in der ihr weder auf dem Berge dort noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
22Ihr betet an, was ihr nicht kennt; wir beten an, was wir kennen; denn die Rettung ist aus den Juden.
23Es kommt aber die Stunde, ja, sie ist jetzt schon da, in der die wahren Anbeter den Vater im Geist und in Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater will solche als seine Anbeter haben.
24Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in Wahrheit anbeten.«
25Da sagte die Frau zu ihm: »Ich weiß, daß der Messias kommt, den man Christus nennt; wenn der kommt, wird er uns über alles Auskunft geben.«
26Jesus antwortete ihr: »Ich bin’s, der mit dir redet.«

b) Jesus und die Jünger

27In diesem Augenblick kamen seine Jünger und wunderten sich darüber, daß er mit einer Frau redete; doch fragte ihn keiner: »Was willst du (von ihr)?« oder: »Wozu redest du mit ihr?«
28Da ließ nun die Frau ihren Wasserkrug stehen, ging in die Stadt zurück und sagte zu den Leuten dort:
29»Kommt und seht einen Mann, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe! Sollte dieser vielleicht Christus sein?«
30Da gingen sie aus der Stadt hinaus und begaben sich zu ihm.

31Inzwischen baten ihn seine Jünger: »Rabbi, iß!«
32Er antwortete ihnen aber: »Ich habe eine Speise zu essen, von der ihr nichts wißt.«
33Da sagten die Jünger zueinander: »Hat ihm denn jemand zu essen gebracht?«
34Jesus erwiderte ihnen: »Meine Speise ist die, daß ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollende.
35Sagt ihr nicht selbst: ›Es währt noch vier Monate, bis die Ernte kommt‹? Nun sage ich euch: Laßt eure Augen ausschauen und seht die Felder an: sie sind (schon jetzt) weiß zur Ernte.
36Nunmehr empfängt der Schnitter Lohn, und zwar dadurch, daß er Frucht sammelt zu ewigem Leben, damit beide sich gemeinsam freuen, der Sämann und der Schnitter.
37Denn in diesem Falle trifft das Sprichwort zu: ›Ein anderer ist’s, der da sät, und ein anderer, der da erntet.‹
38Ich habe euch ausgesandt, um das zu ernten, wofür ihr nicht gearbeitet habt: andere haben die Arbeit geleistet, und ihr seid in ihre Arbeit eingetreten.«

c) Jesus und die Samariter – Wunderglaube und Erfahrungsglaube

39Aus jener Stadt aber wurden viele von den Samaritern an ihn gläubig infolge der Versicherung der Frau: »Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.«
40Als nun die Samariter zu ihm gekommen waren, baten sie ihn, er möchte bei ihnen bleiben; und er blieb auch zwei Tage dort.
41Da wurden noch viel mehr Leute infolge seiner Predigt gläubig
42und sagten zu der Frau: »Wir glauben jetzt nicht mehr infolge deiner Aussage; denn wir haben nunmehr selbst gehört und wissen, daß dieser wirklich der Retter der Welt ist.«

5. Jesus in Galiläa; Heilung des Sohnes eines königlichen (d.h. jüdischen) Beamten in Kapernaum (Glaubenswilligkeit und Gründung des Glaubens auf das Wort)

43Nach Verlauf der beiden Tage aber zog Jesus von dort weiter nach Galiläa,
44wiewohl er selbst ausdrücklich erklärt hatte, daß ein Prophet in seiner eigenen Heimat keine Anerkennung finde.
45Doch als er nach Galiläa kam, nahmen ihn die Galiläer gastlich auf, weil sie alles gesehen hatten, was er in Jerusalem während des Festes getan hatte; denn sie waren gleichfalls auf dem Fest gewesen.
46So kam er denn wieder nach Kana in Galiläa, wo er das Wasser in Wein verwandelt hatte.

Es war aber in Kapernaum ein königlicher Beamter, dessen Sohn krank darniederlag.
47Als dieser hörte, daß Jesus aus Judäa nach Galiläa gekommen sei, begab er sich zu ihm und bat ihn, er möchte (nach Kapernaum) hinunterkommen und seinen Sohn heilen; denn dieser lag im Sterben.
48Da sagte Jesus zu ihm: »Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, glaubt ihr überhaupt nicht!«
49Der königliche Beamte entgegnete ihm: »Herr, komm doch hinab, ehe mein Kind stirbt!«
50Jesus antwortete ihm: »Gehe heim, dein Sohn lebt!« Der Mann glaubte der Versicherung, die Jesus ihm gegeben hatte, und machte sich auf den Heimweg,
51und schon während seiner Rückkehr kamen ihm seine Knechte mit der Meldung entgegen, daß sein Sohn lebe.
52Da erkundigte er sich bei ihnen nach der Stunde, in der sein Befinden sich gebessert habe. Sie antworteten ihm: »Gestern in der siebten Stunde hat das Fieber ihn verlassen.«
53Nun erkannte der Vater, daß es in jener Stunde geschehen war, in der Jesus zu ihm gesagt hatte: »Dein Sohn lebt«; und er wurde gläubig mit seinem ganzen Hause.
54Dies ist das zweite Wunderzeichen, das Jesus wiederum (in Kana) nach seiner Rückkehr aus Judäa nach Galiläa getan hat.

6. Der erste große Kampf Jesu mit den ungläubigen Juden während seines zweiten Aufenthalts in Jerusalem

a) Heilung des Kranken am Teich Bethesda bei Jerusalem und Sabbatstreit

5
1Hierauf fand ein Fest der Juden statt, und Jesus zog nach Jerusalem hinauf.
2Nun liegt in Jerusalem am Schaftor ein Teich, der auf hebräisch Bethesda heißt und fünf Hallen hat.
3In diesen lagen Kranke in großer Zahl, Blinde, Lahme und Schwindsüchtige [die auf die Bewegung des Wassers warteten.
4Ein Engel des Herrn stieg nämlich von Zeit zu Zeit in den Teich hinab und setzte das Wasser in Bewegung. Wer dann nach der Bewegung des Wassers zuerst hineinstieg, der wurde gesund, gleichviel mit welchem Leiden er behaftet war].
5Nun lag dort ein Mann, der schon achtunddreißig Jahre an seiner Krankheit gelitten hatte.
6Als Jesus diesen daliegen sah und erfuhr, daß er schon so lange Zeit als Kranker dort zugebracht hatte, fragte er ihn: »Willst du gesund werden?«
7Der Kranke antwortete ihm: »Ach, Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich schafft, wenn das Wasser in Bewegung gerät; während ich aber hingehe, steigt immer schon ein anderer vor mir hinab.«
8Jesus sagte zu ihm: »Steh auf, nimm dein Bett auf dich und bewege dich frei!«
9Da wurde der Mann sogleich gesund, nahm sein Bett auf sich und ging umher.

Es war aber (gerade) Sabbat an jenem Tage.
10Daher sagten die Juden zu dem Geheilten: »Heute ist Sabbat; da darfst du das Bett nicht tragen!«
11Doch er antwortete ihnen: »Der Mann, der mich gesund gemacht hat, der hat zu mir gesagt: ›Nimm dein Bett auf dich und bewege dich frei!‹«
12Sie fragten ihn: »Wer ist der Mann, der zu dir gesagt hat: ›Nimm es auf dich und gehe umher!‹?«
13Der Geheilte wußte aber nicht, wer es war; denn Jesus hatte sich in der Menschenmenge, die sich an dem Orte befand, unbemerkt entfernt.
14Später traf Jesus ihn im Tempel wieder und sagte zu ihm: »Du bist nun gesund geworden; sündige fortan nicht mehr, damit dir nicht noch Schlimmeres widerfährt!«
15Da ging der Mann hin und teilte den Juden mit, Jesus sei es, der ihn gesund gemacht habe.
16Deshalb verfolgten die Juden Jesus, weil er solche Werke (auch) am Sabbat tat.
17Jesus aber antwortete ihnen: »Mein Vater wirkt (ununterbrochen) bis zu dieser Stunde; darum wirke ich auch.«
18Deshalb trachteten die Juden ihm um so mehr nach dem Leben, weil er nicht nur den Sabbat brach, sondern auch Gott seinen eigenen Vater nannte und sich damit Gott gleichstellte.

b) Jesu Selbstzeugnis von seinem gottgleichen Wirken und von seiner Gottessohnschaft; Jesus als Richter und Lebenspender

19Daher sprach sich Jesus ihnen gegenüber so aus: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: der Sohn vermag von sich selber aus nichts zu tun, als was er den Vater tun sieht; denn was jener tut, das tut in gleicher Weise auch der Sohn.
20Denn der Vater hat den Sohn lieb und läßt ihn alles sehen, was er selbst tut; und er wird ihn noch größere Werke als diese sehen lassen, damit ihr euch wundert.
21Denn wie der Vater die Toten auferweckt und lebendig macht, ebenso macht auch der Sohn lebendig, welche er will.
22Denn auch der Vater ist es nicht, der jemand richtet; sondern er hat das Gericht ganz dem Sohne übertragen,
23damit alle den Sohn ebenso ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat.
24Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tode ins Leben hinübergegangen.
25Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Es kommt die Stunde, ja sie ist jetzt schon da, wo die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die, welche auf sie hören, werden leben.
26Denn wie der Vater (das) Leben in sich selbst hat, so hat er auch dem Sohne verliehen, (das) Leben in sich selbst zu haben;
27und er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht abzuhalten, weil er ein Menschensohn ist.
28Wundert euch nicht hierüber! Denn die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern ruhen, seine Stimme hören werden,
29und es werden hervorgehen: die einen, die das Gute getan haben, zur Auferstehung für das Leben, die anderen aber, die das Böse betrieben haben, zur Auferstehung für das Gericht.
30Ich vermag nichts von mir selbst aus zu tun; nein, wie ich es (vom Vater) höre, so richte ich, und mein Gericht ist gerecht, weil ich nicht meinen Willen (durchzuführen) suche, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.«

c) Jesu Rede von den Zeugen für seine Gottessohnschaft, der Unglaube der Juden und seine Gründe

aa) Das Zeugnis des Johannes

31»Wenn ich über mich selbst Zeugnis ablege, so ist mein Zeugnis ungültig.
32(Nein) ein anderer ist es, der mit seinem Zeugnis für mich eintritt, und ich weiß, daß das Zeugnis, das er über mich ablegt, wahr ist.
33Ihr habt zu Johannes gesandt, und er hat Zeugnis für die Wahrheit abgelegt;
34ich aber nehme das Zeugnis von einem Menschen nicht an, sondern erwähne dies nur deshalb, damit ihr gerettet werdet.
35Jener war wirklich die Leuchte, die mit hellem Schein brannte; ihr aber wolltet euch nur eine Zeitlang an ihrem Lichtschein vergnügen.«

bb) Das Zeugnis des Vaters

36»Ich aber habe ein Zeugnis, das gewichtiger ist als das des Johannes; denn die Werke, die der Vater mir zu vollführen übertragen hat, eben die Werke, die ich vollbringe, bezeugen von mir, daß der Vater mich gesandt hat.
37So ist also, der mich gesandt hat, der Vater selbst, mit seinem Zeugnis für mich eingetreten. Ihr habt weder seine Stimme jemals gehört noch seine Gestalt gesehen;
38und auch sein Wort habt ihr nicht als bleibenden Besitz in euch, weil ihr dem nicht glaubt, den er gesandt hat.
39Ihr durchforscht (wohl) die (heiligen) Schriften, weil ihr in ihnen ewiges Leben zu haben vermeint, und sie sind es auch wirklich, die von mir Zeugnis ablegen;
40aber trotzdem wollt ihr nicht zu mir kommen, um wirklich Leben zu haben

cc) Angriff auf den Unglauben und die Ehrsucht der Juden; Zeugnis des Mose

41»Ehre von Menschen nehme ich nicht an,
42vielmehr habe ich bei euch erkannt, daß ihr die Liebe zu Gott nicht in euch tragt.
43Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, doch ihr nehmt mich nicht an; wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr annehmen.
44Wie könnt ihr zum Glauben kommen, da ihr Ehre voneinander annehmt, aber nach der Ehrung, die vom alleinigen Gott kommt, kein Verlangen tragt?
45Denkt nicht, daß ich euer Ankläger beim Vater sein werde! Nein, es ist (ein anderer) da, der euch anklagt, nämlich Mose, auf den ihr eure Hoffnung gesetzt habt.
46Denn wenn ihr Mose glaubtet, dann würdet ihr auch mir glauben; denn ich bin es, von dem er geschrieben hat.
47Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie solltet ihr da meinen Worten Glauben schenken?«

7. Jesus bietet den Galiläern das Brot des Lebens; die Entscheidung in Galiläa

a) Jesus speist die Fünftausend

6
1Hierauf begab sich Jesus auf die andere Seite des Galiläischen Sees, des Sees von Tiberias;
2es zog ihm aber dorthin eine große Volksmenge nach, weil sie die Wunderzeichen sahen, die er an den Kranken tat.
3Jesus stieg aber auf den Berg hinauf und ließ sich dort mit seinen Jüngern nieder;
4das jüdische Passah stand aber nahe bevor.
5Als nun Jesus sich dort umschaute und eine große Volksmenge zu sich kommen sah, sagte er zu Philippus: »Woher sollen wir Brote kaufen, damit diese zu essen haben?«
6So fragte er aber, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wußte wohl, was er tun wollte.
7Philippus antwortete ihm: »Für zweihundert Denare Brot reicht für sie nicht hin, damit jeder auch nur ein kleines Stück erhält.«
8Da sagte einer von seinen Jüngern, nämlich Andreas, der Bruder des Simon Petrus, zu ihm:
9»Es ist ein Knabe hier, der fünf Gerstenbrote und zwei Fische (zum Verkauf bei sich) hat, doch was ist das für so viele?«
10Jesus aber sagte: »Laßt die Leute sich lagern!«, es war nämlich dichter Rasen an dem Ort. So lagerten sich denn die Männer, etwa fünftausend an Zahl.
11Jesus nahm sodann die Brote, sprach den Lobpreis (Gottes) und ließ sie unter die Leute austeilen, die sich gelagert hatten; ebenso auch von den Fischen, soviel sie begehrten.
12Als sie dann satt geworden waren, sagte er zu seinen Jüngern: »Sammelt die übriggebliebenen Brocken, damit nichts umkommt.«
13Da sammelten sie und füllten von den fünf Gerstenbroten zwölf Körbe mit Brocken, die beim Essen übriggeblieben waren.
14Als nun die Leute das Wunderzeichen sahen, das er getan hatte, erklärten sie: »Dieser ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll!«
15Da nun Jesus erkannte, daß sie kommen und sich seiner Person mit Gewalt bemächtigen würden, um ihn zum König zu machen, zog er sich wieder auf den Berg zurück, er für sich allein.

b) Die Nachtfahrt der Jünger und das Wandeln Jesu auf dem See

16Als es dann Abend geworden war, gingen seine Jünger an den See hinab,
17stiegen in ein Boot und wollten über den See nach Kapernaum hinüberfahren. Die Dunkelheit war bereits eingetreten und Jesus immer noch nicht zu ihnen gekommen;
18dabei ging der See hoch, weil ein starker Wind wehte.
19Als sie nun etwa fünfundzwanzig bis dreißig Stadien weit gefahren waren, sahen sie Jesus über den See hingehen und sich ihrem Boote nähern; da gerieten sie in Angst.
20Er aber rief ihnen zu:
21»Ich bin’s; fürchtet euch nicht!« Sie wollten ihn nun in das Boot hineinnehmen, doch sogleich befand sich das Boot am Lande, (und zwar da) wohin sie fahren wollten.

c) Das Wiedersehen mit dem Volke und die Zeichenforderung des Volkes

22Am folgenden Tage überzeugte sich die Volksmenge, die am jenseitigen Ufer des Sees stand, daß dort weiter kein Fahrzeug außer dem einen gewesen war und daß Jesus nicht mit seinen Jüngern zusammen das Boot bestiegen hatte, sondern daß seine Jünger allein abgefahren waren.
23Doch es kamen jetzt andere Fahrzeuge von Tiberias her in die Nähe des Platzes, wo sie das Brot nach dem Dankgebet des Herrn gegessen hatten.
24Als die Volksmenge nun sah, daß Jesus ebensowenig da war wie seine Jünger, stiegen auch sie in die Fahrzeuge und kamen nach Kapernaum, um Jesus zu suchen.
25Als sie ihn dann auf der anderen Seite des Sees angetroffen hatten, fragten sie ihn: »Rabbi, wann bist du hierher gekommen?«
26Jesus antwortete ihnen: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ihr sucht mich nicht deshalb, weil ihr Wunderzeichen gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.
27Verschafft euch doch nicht die Speise, die vergänglich ist, sondern die Speise, die für das ewige Leben vorhält und die der Menschensohn euch geben wird; denn diesen hat Gott der Vater besiegelt
28Da entgegneten sie ihm: »Was sollen wir denn tun, um die Werke Gottes zu wirken?«
29Jesus antwortete ihnen mit den Worten: »Das Werk Gottes besteht darin, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat.«
30Da fragten sie ihn: »Welches Zeichen tust du nun, damit wir es sehen und zum Glauben an dich kommen? Womit kannst du dich ausweisen?
31Unsere Väter haben das Manna in der Wüste zu essen bekommen, wie geschrieben steht: ›Brot aus dem Himmel gab er ihnen zu essen.‹«

d) Jesu Rede über das Brot des Lebens

aa) Jesus ist das wahre Himmelsbrot und gibt es den gläubig zu ihm Kommenden als Speise für die künftige Auferstehung

32Da sagte Jesus zu ihnen: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Himmelsbrot gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Himmelsbrot;
33denn das Brot Gottes ist das, welches aus dem Himmel herabkommt und der Welt Leben gibt.«
34Da riefen sie ihm zu: »Herr, gib uns dieses Brot allezeit!«
35Da sagte Jesus zu ihnen: »Ich bin das Brot des Lebens! Wer zu mir kommt, den wird nimmermehr hungern, und wer an mich glaubt, den wird niemals wieder dürsten.
36Aber ich habe euch (schon) gesagt: Ihr habt mich wohl gesehen, glaubt aber doch nicht.
37Alles, was der Vater mir gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nimmer hinausstoßen;
38denn ich bin aus dem Himmel herabgekommen, nicht um meinen Willen auszuführen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.
39Das aber ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß ich von allem dem, was er mir gegeben hat, nichts verloren gehen lasse, sondern es am jüngsten Tage auferwecke.
40Denn das ist der Wille meines Vaters, daß jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben habe, und ich werde ihn am jüngsten Tage auferwecken.«

bb) Das Brot des Lebens wird durch den Glauben und der Glaube durch Gottes Einwirkung (»Ziehen zum Sohne«) gewonnen

41Da murrten die Juden über ihn, weil er gesagt hatte: »Ich bin das Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist«,
42und sie sagten: »Ist dieser nicht Jesus, Josephs Sohn, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann er da jetzt behaupten: ›Ich bin aus dem Himmel herabgekommen?‹«
43Jesus antwortete ihnen mit den Worten: »Murret nicht untereinander!
44Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht, und ich werde ihn dann am jüngsten Tage auferwecken.
45Es steht ja bei den Propheten geschrieben: ›Sie werden alle von Gott gelehrt sein.‹ Jeder, der (es) vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir.
46Nicht als ob jemand den Vater gesehen hätte; denn nur der eine, der von Gott her (gekommen) ist, nur der hat den Vater gesehen.
47Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer da glaubt, hat ewiges Leben!
48Ich bin das Brot des Lebens.
49Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind dann doch gestorben;
50hier dagegen ist das Brot, das aus dem Himmel herabkommt, damit man davon esse und nicht sterbe.
51Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist: wenn jemand von diesem Brote ißt, so wird er ewiglich leben; und zwar ist das Brot, das ich (zu essen) geben werde, mein Fleisch, (das ich geben werde) für das Leben der Welt.«

cc) Die »harte« Rede Jesu vom Essen und Trinken seines Fleisches und Blutes, dessen Genuß zur Auferstehung führt

52Nun gerieten die Juden in Streit untereinander und sagten: »Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?«
53Da sagte Jesus zu ihnen: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes eßt und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch;
54wer (dagegen) mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn am jüngsten Tage auferwecken.
55Denn mein Fleisch ist wahre Speise, und mein Blut ist wahrer Trank.
56Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, bleibt in mir und ich in ihm.
57Wie mich mein Vater, der das Leben in sich trägt, gesandt hat und ich Leben in mir trage um des Vaters willen, so wird auch der, welcher mich ißt, das Leben haben um meinetwillen.
58Von solcher Beschaffenheit ist das Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist; es ist nicht von der Art, wie die Väter es gegessen haben und gestorben sind; nein, wer dieses Brot ißt, wird leben in Ewigkeit.«

59So sprach Jesus, als er in der Synagoge zu Kapernaum lehrte.

e) Scheidung der Jünger (= Anhänger) Jesu als Wirkung der Rede; das Petrusbekenntnis bezüglich des Glaubens der Zwölf; Hinweis auf den Verrat des Judas

60Viele nun von seinen Jüngern, die ihm zugehört hatten, erklärten: »Das ist eine harte Rede: wer kann sie anhören?«
61Weil aber Jesus bei sich wußte, daß seine Jünger darüber murrten, sagte er zu ihnen: »Das ist euch anstößig?
62Wie nun (wird es sein), wenn ihr den Menschensohn dahin auffahren seht, wo er vordem war?
63Der Geist ist es, der das Leben schafft, das Fleisch hilft nichts; die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben;
64aber es sind unter euch auch solche, die nicht glauben.« Jesus wußte nämlich von Anfang an, wer die waren, welche ungläubig blieben, und wer der war, der ihn verraten würde.
65Er fuhr dann fort: »Aus diesem Grunde habe ich euch gesagt: ›Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater verliehen ist.‹«

66Von da an zogen sich viele seiner Jünger von ihm zurück und begleiteten ihn nicht mehr auf seinen Wanderungen.
67Daher sagte Jesus zu den Zwölfen: »Ihr wollt doch nicht auch weggehen?«
68Simon Petrus antwortete ihm: »Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens;
69und wir haben den Glauben und die Erkenntnis gewonnen, daß du der Heilige Gottes bist.«
70Jesus antwortete ihnen: »Habe nicht ich selbst euch Zwölf erwählt? Und einer von euch ist ein Teufel.«
71Er meinte damit aber den Judas, den Sohn Simons aus Kariot; denn dieser sollte ihn verraten, (und war doch) einer von den Zwölfen.

8. Jesus (zum drittenmal) in Jerusalem auf dem Laubhüttenfest und darnach

a) Jesus und seine Brüder; seine Reise nach Jerusalem zum Fest

7
1Hierauf zog Jesus in Galiläa umher; denn in Judäa wollte er nicht umherziehen, weil die Juden ihm nach dem Leben trachteten;
2es stand aber das jüdische Laubhüttenfest nahe bevor.
3Darum sagten seine Brüder zu ihm: »Mache dich von hier auf den Weg und begib dich nach Judäa, damit deine Jünger auch dort die Werke sehen, die du tust;
4denn niemand wirkt doch in der Verborgenheit, wenn er sich in der Öffentlichkeit geltend machen will. Willst du überhaupt solche Tätigkeit ausüben, so zeige dich der Welt öffentlich« –
5nicht einmal seine Brüder nämlich glaubten an ihn.
6Da antwortete Jesus ihnen: »Meine Zeit ist noch nicht da; für euch freilich ist die Zeit immer gelegen.
7Euch kann die Welt nicht hassen, mich aber haßt sie, weil ich von ihr bezeuge, daß ihr ganzes Tun böse ist.
8Geht ihr nur zum Fest hinauf, ich gehe zu diesem Fest nicht hinauf, weil meine Zeit noch nicht erfüllt ist.«
9So sprach er zu ihnen und blieb in Galiläa.
10Als dann aber seine Brüder zum Fest hinaufgegangen waren, da ging auch er hinauf, jedoch nicht öffentlich, sondern ganz in der Stille.
11Die Juden suchten nun während des Festes nach ihm und fragten: »Wo ist er?«
12Und unter den Volksscharen war viel Gerede über ihn; die einen sagten: »Er ist ein guter Mann«; andere dagegen behaupteten: »Nein, er ist ein Volksverführer«;
13doch niemand redete mit voller Offenheit über ihn aus Furcht vor den Juden.

b) Jesu Auftreten und Selbstzeugnis auf dem Laubhüttenfest; Streitgespräch über die Herkunft des Messias

aa) Jesu Lehre stammt von Gott

14Als aber die Festwoche schon zur Hälfte vorüber war, ging Jesus zum Tempel hinauf und lehrte.
15Da wunderten sich die Juden und sagten: »Wie kommt dieser zur Schriftgelehrsamkeit, obwohl er doch keinen Unterricht in ihr erhalten hat
16Da antwortete ihnen Jesus mit den Worten: »Meine Lehre stammt nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat;
17wenn jemand dessen Willen tun will, wird er inne werden, ob diese Lehre von Gott stammt oder ob ich von mir selbst aus rede.
18Wer von sich selbst aus redet, sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaftig, und bei dem findet sich keine Ungerechtigkeit.
19Hat nicht Mose euch das Gesetz gegeben? Und doch erfüllt niemand von euch das Gesetz! Warum sucht ihr mich zu töten?«
20Die Volksmenge antwortete: »Du bist von Sinnen! Wer sucht dich denn zu töten?«
21Jesus antwortete ihnen: »Ein einziges Werk habe ich (hier in Jerusalem) getan, und ihr seid allesamt verwundert darüber.
22Mose hat euch die Beschneidung gegeben – von Mose stammt sie freilich nicht, sondern von den Erzvätern –, und so beschneidet ihr denn einen Menschen (auch) am Sabbat.
23Wenn (nun) ein Mensch am Sabbat die Beschneidung empfängt, damit das mosaische Gesetz nicht gebrochen wird: da wollt ihr mir zürnen, weil ich einen ganzen Menschen am Sabbat gesund gemacht habe?
24Urteilt nicht nach dem äußeren Schein, sondern gebt ein gerechtes Urteil ab!«

bb) Jesus selbst kommt von Gott

25Da sagten einige von den Bewohnern Jerusalems: »Ist dieser Mensch es nicht, den sie zu töten suchen?
26Und seht nur: er redet ganz öffentlich, und man sagt ihm kein Wort! Die Oberen werden doch nicht etwa zu der Erkenntnis gekommen sein, daß dieser der Messias ist?
27Freilich von diesem wissen wir, woher er stammt; wenn aber der Messias kommt, weiß niemand, woher er stammt.«
28Da rief Jesus im Tempel, wo er lehrte, laut aus: »Ja, ihr kennt mich und wißt, woher ich stamme! Und doch bin ich nicht von mir selbst aus gekommen, sondern es ist der rechte Sender, der mich gesandt hat, den ihr aber nicht kennt.
29Ich kenne ihn, weil ich von ihm her (ausgegangen) bin, und er hat mich gesandt.«
30Da suchten sie ihn festzunehmen, doch niemand legte Hand an ihn, weil seine Stunde noch nicht gekommen war.

c) Der Verhaftungsplan der Feinde und dessen Fehlschlagen; Jesus als Spender des Geistes

31Aus dem Volke kamen aber viele zum Glauben an ihn und sagten: »Wird wohl Christus, wenn er kommt, mehr Wunderzeichen tun, als dieser getan hat?«
32Die Pharisäer erfuhren, daß das Volk solche Ansichten im geheimen über ihn äußerte; daher schickten die Hohenpriester und die Pharisäer Diener ab, die ihn festnehmen sollten.

aa) Jesus kündigt seinen Hingang zu Gott an

33Da sagte Jesus: »Nur noch kurze Zeit bin ich bei euch, dann gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat.
34Ihr werdet mich (dann) suchen, aber nicht finden, und wo ich (dann) bin, dahin könnt ihr nicht kommen.«
35Da sagten die Juden zueinander: »Wohin will dieser gehen, daß wir ihn nicht finden können? Will er etwa zu den Juden gehen, die unter den Griechen zerstreut leben, und der Lehrer der Griechen werden?
36Welchen Sinn hat dieses Wort, das er ausgesprochen hat: ›Ihr werdet mich suchen, aber nicht finden‹ und ›Wo ich (dann) bin, dahin könnt ihr nicht kommen‹?«

bb) Jesus auf dem Höhepunkt des Festes als Spender des Wassers des Lebens, d.h. des Geistes

37Am letzten, dem großen Tage des Festes aber stand Jesus da und rief laut aus: »Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!
38Wer an mich glaubt, aus dessen Leibe werden, wie die Schrift gesagt hat, Ströme lebendigen Wassers fließen.«
39Damit meinte er aber den Geist, den die, welche zum Glauben an ihn gekommen waren, empfangen sollten; denn der (heilige) Geist war noch nicht da, weil Jesus noch nicht zur Herrlichkeit erhoben worden war.

cc) Entgegengesetzte Urteile des Volkes über Jesus

40Nun sagten manche aus dem Volk, die diese Worte gehört hatten: »Dieser ist wirklich der Prophet!«
41Andere sagten: »Er ist Christus«; wieder andere meinten: »Christus kommt doch nicht aus Galiläa!
42Hat nicht die Schrift gesagt, daß Christus aus dem Samen Davids und aus der Ortschaft Bethlehem, wo David gewohnt hat, kommen soll?«
43So entstand seinetwegen eine Spaltung unter dem Volk.
44Einige von ihnen hätten ihn nun gern festgenommen, aber keiner legte Hand an ihn.

dd) Fehlschlagen des Verhaftungsplans der Führer; Spaltung unter den Mitgliedern des Hohen Rates; Mahnung des Nikodemus

45So kamen denn die Diener zu den Hohenpriestern und Pharisäern zurück, und diese fragten sie: »Warum habt ihr ihn nicht hergebracht?«
46Die Diener antworteten: »Noch niemals hat ein Mensch so geredet, wie dieser Mann redet!«
47Da erwiderten ihnen die Pharisäer: »Habt auch ihr euch irreführen lassen?
48Ist etwa irgendein Oberer oder ein Pharisäer zum Glauben an ihn gekommen?
49Nein, nur dieses gemeine Volk, das vom Gesetz nichts weiß – verflucht sind sie!«
50Da sagte Nikodemus, der früher einmal zu Jesus gekommen war und ihrer Partei angehörte:
51»Verurteilt etwa unser Gesetz einen Menschen, ohne daß man ihn zuvor verhört und seine Schuld festgestellt hat?«
52Da gaben sie ihm zur Antwort: »Stammst du vielleicht auch aus Galiläa? Forsche doch nach und lerne begreifen, daß aus Galiläa kein Prophet hervorgeht!«

d) Jesus und die Ehebrecherin

53Dann gingen sie weg, ein jeder in sein Haus;

8
1Jesus aber begab sich an den Ölberg.
2Am folgenden Morgen jedoch fand er sich wieder im Tempel ein, und das gesamte Volk kam zu ihm; er setzte sich dann und lehrte sie.
3Da führten die Schriftgelehrten und Pharisäer eine Frau herbei, die beim Ehebruch ergriffen worden war, stellten sie in die Mitte
4und sagten zu ihm: »Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden.
5Nun hat Mose uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst nun du dazu?«
6Dies sagten sie aber, um ihn zu versuchen, damit sie einen Grund zur Anklage gegen ihn hätten. Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf den Erdboden.
7Als sie aber ihre Frage an ihn mehrfach wiederholten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: »Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie!«
8Hierauf bückte er sich aufs neue und schrieb auf dem Erdboden weiter.
9Als aber jene das gehört hatten, gingen sie einer nach dem andern weg, die Ältesten zuerst bis zu den Letzten, und Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die in der Mitte stand.
10Da richtete Jesus sich auf und fragte sie: »Frau, wo sind sie? Hat keiner dich verurteilt?« Sie antwortete: »Keiner, Herr.«
11Da sagte Jesus: »Auch ich verurteile dich nicht: gehe hin und sündige hinfort nicht mehr!«

e) Fortsetzung und Höhepunkt des Kampfes; Jesu Angriff auf das ungläubige Judentum

aa) Selbstzeugnis Jesu als des Lichts der Welt und des Sohnes Gottes

12Nun redete Jesus aufs neue zu ihnen und sagte: »Ich bin das Licht der Welt: wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.«
13Da sagten die Pharisäer zu ihm: »Du legst Zeugnis über dich selbst ab: dein Zeugnis ist ungültig.«
14Jesus gab ihnen zur Antwort: »Auch wenn ich über mich selbst Zeugnis ablege, so ist mein Zeugnis doch gültig, denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wißt nicht, woher ich komme und wohin ich gehe.
15Ihr richtet nach dem Fleisch, ich richte überhaupt niemand.
16Doch auch wenn ich richte, ist mein Urteil wahr; denn ich stehe (mit meinem Zeugnis) nicht allein, sondern mit mir ist der, welcher mich gesandt hat.
17Nun steht doch auch in eurem Gesetz geschrieben, daß das Zeugnis zweier Personen wahr ist.
18Ich lege Zeugnis von mir ab, und der Vater, der mich gesandt hat, legt auch Zeugnis von mir ab.«
19Da fragten sie ihn: »Wo ist (denn) dein Vater?« Jesus antwortete: »Weder mich noch meinen Vater kennt ihr; wenn ihr mich kenntet, würdet ihr auch meinen Vater kennen.«
20Diese Worte sprach er aus, als er beim Opferkasten im Tempel lehrte; und niemand legte Hand an ihn, weil seine Stunde noch nicht gekommen war.

bb) Jesus bezeugt die tiefe Kluft, die ihn nach seiner Herkunft von den Juden trennt

21Aufs neue sagte er dann zu ihnen: »Ich gehe weg; dann werdet ihr mich suchen und in eurer Sünde sterben. Wohin ich gehe, dahin könnt ihr nicht kommen.«
22Da sagten die Juden: »Will er sich etwa das Leben nehmen, weil er sagt: ›Wohin ich gehe, dahin könnt ihr nicht kommen‹?«
23Da sagte er zu ihnen: »Ihr seid von unten her, ich bin von oben her; ihr seid aus dieser Welt, ich bin nicht aus dieser Welt.
24Darum habe ich euch gesagt, daß ihr in euren Sünden sterben werdet; denn wenn ihr nicht glaubt, daß ich es bin, so werdet ihr in euren Sünden sterben.«
25Da fragten sie ihn: »Wer bist du denn?« Jesus antwortete ihnen: »Das, was ich von Anfang an (gesagt habe) und auch jetzt euch sage.
26Vieles hätte ich über euch noch zu sagen und zu richten; aber der mich gesandt hat, ist wahrhaftig, und ich – was ich von ihm gehört habe, das rede ich zur Welt.«
27Sie verstanden nicht, daß er vom Vater zu ihnen redete.
28Da fuhr nun Jesus fort: »Wenn ihr den Menschensohn erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, daß ich es bin und daß ich nichts von mir selbst aus tue, sondern so rede, wie der Vater mich gelehrt hat.
29Und der mich gesandt hat, ist mit mir; er hat mich nicht allein gelassen, weil ich allezeit das tue, was ihm wohlgefällig ist.«

cc) Jesu Zeugnis von seiner Gottessohnschaft und von der Sündenknechtschaft der Juden trotz ihrer Abstammung von Abraham

30Als er das sagte, kamen viele zum Glauben an ihn.
31Nun sagte Jesus zu den Juden, die an ihn gläubig geworden waren: »Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr in Wahrheit meine Jünger
32und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.«
33Da entgegneten sie ihm: »Wir sind Abrahams Nachkommenschaft und haben noch niemals jemandem als Knechte gedient; wie kannst du da sagen: ›Ihr werdet frei werden‹?«
34Jesus antwortete ihnen: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: ein jeder, der Sünde tut, ist ein Knecht der Sünde.
35Der Knecht aber bleibt nicht für immer im Hause, der Sohn dagegen bleibt für immer darin.
36Wenn also der Sohn euch frei gemacht hat, dann werdet ihr wirklich frei sein.«

dd) Die ungläubigen Juden sind weder Abrahams noch Gottes Kinder, sondern Kinder des Teufels

37»Ich weiß wohl, daß ihr Abrahams Nachkommenschaft seid; aber ihr sucht mich zu töten, weil mein Wort keinen Eingang bei euch findet.
38Was ich beim Vater gesehen habe, das rede ich; dementsprechend tut auch ihr das, was ihr vom Vater gehört habt.«
39Sie antworteten ihm mit der Versicherung: »Unser Vater ist Abraham!« Jesus erwiderte ihnen: »Wenn ihr Abrahams Kinder seid, so handelt auch so wie Abraham (gehandelt hat)!
40Nun aber geht ihr darauf aus, mich zu töten, einen Mann, der euch die Wahrheit verkündigt hat, wie ich sie von Gott gehört habe: so etwas hat Abraham nicht getan.
41Ihr vollbringt die Werke eures Vaters.« Sie erwiderten ihm: »Wir sind keine unehelichen Kinder; wir haben nur einen einzigen Vater, nämlich Gott.«
42Da sagte Jesus zu ihnen: »Wenn Gott euer Vater wäre, dann würdet ihr mich lieben; denn ich bin von Gott ausgegangen und (von ihm) gekommen; ich bin nicht von mir selbst gekommen, sondern er hat mich gesandt.
43Wie geht es nun zu, daß ihr meine Art zu reden nicht versteht? Weil ihr nicht imstande seid, das, was meine Worte besagen, auch nur anzuhören.
44Ihr stammt eben vom Teufel als eurem Vater und wollt nach den Gelüsten eures Vaters handeln. Der ist ein Menschenmörder von Anfang an gewesen und steht nicht in der Wahrheit, weil die Wahrheit nicht in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, dann redet er aus seinem eigensten Wesen heraus, denn er ist ein Lügner und der Vater von ihr.
45Weil ich dagegen die Wahrheit rede, schenkt ihr mir keinen Glauben.
46Wer von euch kann mich einer Sünde zeihen? Wenn ich die Wahrheit rede, warum schenkt ihr mir keinen Glauben?
47Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes; deshalb hört ihr sie nicht, weil ihr nicht von Gott seid.«

ee) Jesu Zeugnis von der Erhabenheit (bzw. Ewigkeit) seiner Person und von seiner Überlegenheit über Abraham

48Da gaben ihm die Juden zur Antwort: »Sagen wir nicht mit Recht, daß du ein Samariter und von einem bösen Geist besessen bist?«
49Jesus antwortete ihnen: »Ich bin von keinem bösen Geist besessen, sondern ehre meinen Vater; doch ihr beschimpft mich.
50Ich aber sorge nicht für meine Ehre: es ist einer da, der (für sie) sorgt und Gericht (für sie) hält.
51Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wenn jemand mein Wort bewahrt, wird er den Tod in Ewigkeit nicht sehen.«
52Da entgegneten ihm die Juden: »Jetzt wissen wir sicher, daß du von einem bösen Geist besessen bist. Abraham ist gestorben und (ebenso) die Propheten, und du behauptest: ›Wenn jemand mein Wort bewahrt, wird er den Tod in Ewigkeit nicht schmecken.‹
53Bist du etwa größer als unser Vater Abraham, der doch gestorben ist? Und auch die Propheten sind gestorben. Was machst du aus dir selbst?«
54Jesus antwortete: »Wenn ich mich selbst ehrte, so wäre es mit meiner Ehre nichts; nein, mein Vater ist es, der mich ehrt, derselbe, von dem ihr behauptet, er sei euer Gott;
55und dabei habt ihr ihn nicht erkannt. Ich aber kenne ihn; und wenn ich sagen wollte, daß ich ihn nicht kenne, so würde ich euch gleich sein, nämlich ein Lügner. Doch ich kenne ihn und bewahre sein Wort.
56Euer Vater Abraham hat darüber gejubelt, daß er meinen Tag sehen sollte, und er hat ihn gesehen und sich darüber gefreut.«
57Da sagten die Juden zu ihm: »Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt und willst Abraham gesehen haben?«
58Jesus antwortete ihnen: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ehe Abraham (geboren) ward, bin ich.«
59Da hoben sie Steine auf, um sie auf ihn zu werfen; Jesus aber verbarg sich und ging aus dem Tempel hinaus.

9. Jesus und der Blindgeborene

a) Heilung des Blindgeborenen am Sabbat

9
1Im Vorübergehen sah er alsdann einen Mann, der von Geburt an blind war.
2Da fragten ihn seine Jünger: »Rabbi, wer hat gesündigt, dieser Mann oder seine Eltern, daß er als Blinder geboren worden ist?«
3Jesus antwortete: »Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern; sondern (dazu ist es geschehen) damit das Wirken Gottes an ihm offenbar würde.
4Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, in der niemand wirken kann.
5Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.«
6Nach diesen Worten spie er auf den Boden, stellte mit dem Speichel einen Teig her, legte dem Blinden den Teig auf die Augen
7und sagte zu ihm: »Gehe hin, wasche dich im Teiche Siloah!« – Das heißt übersetzt ›Abgesandter‹. – Da ging er hin, wusch sich und kam sehend zurück.
8Nun sagten die Nachbarn und die Leute, die ihn früher als Bettler gesehen hatten: »Ist dieser nicht der Mann, der früher dasaß und bettelte?«
9Die einen sagten: »Ja, er ist’s«; andere meinten: »Nein, er sieht ihm nur ähnlich«; er selbst aber sagte: »Ja, ich bin’s.«
10Da fragten sie ihn: »Auf welche Weise sind dir denn die Augen aufgetan worden?«
11Er antwortete: »Der Mann, der Jesus heißt, stellte einen Teig her, strich ihn mir auf die Augen und sagte zu mir: ›Gehe hin an den Siloahteich und wasche dich dort!‹ Da ging ich hin, wusch mich und konnte sehen.«
12Sie fragten ihn nun: »Wo ist der Mann?« Er antwortete: »Das weiß ich nicht.«

b) Die mehrfachen Untersuchungen der Heilung und das unerschrockene Bekenntnis des Blindgeborenen führen zu seiner Ausstoßung aus der Judengemeinschaft; das Zeugnis Jesu

aa) Das erste Verhör der Pharisäer

13Man führte ihn nun zu den Pharisäern, ihn, den ehemals Blinden.
14Es war aber (gerade) Sabbat an dem Tage gewesen, an dem Jesus den Teig hergestellt und ihm die Augen aufgetan hatte.
15Da fragten ihn nochmals auch die Pharisäer, wie er sehend geworden sei, und er antwortete ihnen: »Er hat mir einen Teig auf die Augen gelegt, ich habe mich dann gewaschen und kann nun sehen.«
16Da sagten einige von den Pharisäern: »Der betreffende Mensch ist nicht von Gott her, weil er den Sabbat nicht hält«; andere dagegen meinten: »Wie könnte ein sündiger Mensch derartige Wunderzeichen tun?« So bestand eine Meinungsverschiedenheit unter ihnen.
17Sie fragten also den Blindgeborenen aufs neue: »Was sagst du denn von ihm? Dir hat er doch die Augen aufgetan.« Jener antwortete: »Er ist ein Prophet.«

bb) Das Verhör der Eltern

18Die Juden wollten nun von ihm nicht glauben, daß er blind gewesen und sehend geworden sei, bis sie schließlich die Eltern des Sehendgewordenen riefen
19und sie fragten: »Ist dies euer Sohn, der, wie ihr behauptet, blind geboren worden ist? Wie kommt es denn, daß er jetzt sehen kann?«
20Da antworteten seine Eltern: »Wir wissen, daß dies unser Sohn ist und daß er als Blinder geboren worden ist;
21wie es aber kommt, daß er jetzt sehen kann, das wissen wir nicht, und wer ihm die Augen geöffnet hat, wissen wir auch nicht. Befragt ihn selbst darüber: er ist alt genug; er wird selbst Auskunft über sich geben.«
22Das sagten seine Eltern, weil sie sich vor den Juden fürchteten; denn die Juden hatten bereits miteinander abgemacht, daß, wenn jemand Jesus als den Messias anerkenne, er in den Bann getan werden solle.
23Aus diesem Grunde sagten seine Eltern: »Er ist alt genug: fragt ihn selbst!«

cc) Das zweite Verhör des Geheilten

24So ließen sie denn den Mann, der blind gewesen war, zum zweitenmal rufen und sagten zu ihm: »Gib Gott die Ehre! Wir wissen, daß dieser Mensch ein Sünder ist.«
25Da antwortete jener: »Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht; eins aber weiß ich, daß ich blind gewesen bin und jetzt sehen kann.«
26Da fragten sie ihn noch einmal: »Was hat er mit dir vorgenommen? Auf welche Weise hat er dir die Augen aufgetan?«
27Er antwortete ihnen: »Ich habe es euch schon einmal gesagt, doch ihr habt nicht darauf gehört; warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt etwa auch ihr seine Jünger werden?«
28Da schmähten sie ihn und sagten: »Du bist ein Jünger von ihm, wir aber sind Jünger von Mose.
29Wir wissen, daß Gott zu Mose geredet hat; von diesem aber wissen wir nicht, woher er stammt.«
30Der Mann gab ihnen zur Antwort: »Darin liegt eben das Verwunderliche, daß ihr nicht wißt, woher er stammt, und mir hat er doch die Augen aufgetan.
31Wir wissen, daß Gott Sünder nicht erhört, sondern nur wenn jemand gottesfürchtig ist und seinen Willen tut, den erhört er.
32Von der Weltzeit an hat man noch nicht vernommen, daß jemand einem Blindgeborenen die Augen aufgetan hat.
33Wenn dieser Mann nicht von Gott her wäre, so vermöchte er nichts zu tun.«
34Sie antworteten ihm: »Du bist ganz in Sünden geboren, und du willst uns Lehren geben?« Und sie stießen ihn (aus der Gemeinde der Gesetzesfrommen) aus.

dd) Der Glaube des Geheilten an Jesus; Jesus als das Licht der Nichtsehenden und als die Verblendung der Sehenden

35Jesus erfuhr von seiner Ausstoßung und sagte zu ihm, als er ihn antraf: »Glaubst du an den Sohn Gottes?«
36Jener gab zur Antwort: »Herr, wer ist denn das? Ich möchte gern an ihn glauben.«
37Jesus antwortete ihm: »Du hast ihn gesehen, und der mit dir redet, der ist es!«
38Jener sagte: »Ich glaube, Herr!« und warf sich vor ihm nieder.
39Nun sagte Jesus: »Zu einer Scheidung bin ich in diese Welt gekommen: die Nichtsehenden sollen sehen können und die Sehenden blind werden.«
40Dies hörten einige von den Pharisäern, die sich in seiner Nähe befanden, und fragten ihn: »Sind wir etwa auch blind?«
41Jesus antwortete ihnen: »Wäret ihr blind, so hättet ihr keine Sünde; nun ihr aber behauptet: ›Wir sind sehend‹, so bleibt eure Sünde!«

10. Die Bildrede vom Hirten und Dieb und vom guten Hirten und Mietling

a) Der Hirt und der Dieb (oder: Räuber)

10
1»Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer nicht durch die Tür in die Hürde der Schafe hineingeht, sondern anderswo hineinsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber;
2wer aber durch die Tür hineingeht, der ist der Hirt der Schafe.
3Diesem macht der Türhüter auf, und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die ihm gehörenden Schafe mit Namen und führt sie hinaus.
4Wenn er dann alle Schafe, die ihm gehören, hinausgelassen hat, geht er vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm, weil sie seine Stimme kennen.
5Einem Fremden aber würden sie nicht folgen, sondern vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen.«
6Dies sagte Jesus ihnen in bildlicher Rede; sie verstanden aber nicht, was er ihnen damit sagen wollte.

b) Die erste Deutung des Gleichnisses: Jesus als die offene Tür für die Schafe

7Da sagte Jesus von neuem zu ihnen: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ich bin die Tür für die Schafe!
8Alle, die vor mir gekommen sind, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört.
9Ich bin die Tür: Wenn jemand durch mich eingeht, wird er gerettet werden, wird ein- und ausgehen und Weide finden.
10Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten und Unheil anzurichten; ich aber bin gekommen, damit die Schafe Leben haben und Überfluß haben.«

c) Die zweite Deutung: Jesus als der gute Hirt (im Gegensatz zum Mietling) und als Begründer der Menschheitsherde

11»Ich bin der gute Hirt! Der gute Hirt gibt sein Leben für die Schafe hin.
12Der Mietling (aber), der kein Hirt ist und dem die Schafe nicht zu eigen gehören, sieht den Wolf kommen, verläßt die Schafe und flieht; und der Wolf fällt sie an und zerstreut sie:
13er ist ja nur ein Mietling, und ihm ist an den Schafen nichts gelegen.
14Ich bin der gute Hirt und kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich,
15ebenso wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben für die Schafe hin. –
16Ich habe auch noch andere Schafe, die nicht zu dieser Hürde gehören; auch diese muß ich führen, und sie werden auf meinen Ruf hören, und es wird eine Herde, ein Hirt sein.
17Um deswillen hat der Vater mich lieb, weil ich mein Leben hingebe, damit ich es wieder an mich nehme;
18niemand nimmt es mir, sondern ich gebe es freiwillig hin. Ich habe Vollmacht, es hinzugeben, und ich habe Vollmacht, es wieder an mich zu nehmen; die Ermächtigung dazu habe ich von meinem Vater erhalten.«

d) Die Wirkung der Rede

19Da entstand wegen dieser Worte wieder eine Meinungsverschiedenheit unter den Juden.
20Viele von ihnen sagten nämlich: »Er ist von einem bösen Geist besessen und ist von Sinnen: was hört ihr ihn noch an?«
21Andere aber sagten: »Das sind nicht Worte eines Besessenen; kann etwa ein böser Geist Blinden die Augen auftun?«

11. Jesu letzte Rechtfertigung vor den Juden am Fest der Tempelweihe (über die Einheit des Sohnes mit dem Vater)

22Damals fand das Fest der Tempelweihe in Jerusalem statt; es war Winter,
23und Jesus ging im Tempel in der Halle Salomos auf und ab.
24Da umringten ihn die Juden und sagten zu ihm: »Wie lange läßt du uns noch in Ungewißheit schweben? Bist du Christus, so sage es uns frei heraus!«
25Jesus antwortete ihnen: »Ich habe es euch gesagt, doch ihr glaubt (es) nicht. Die Werke, die ich im Namen meines Vaters vollbringe, die legen Zeugnis von mir ab;
26aber ihr glaubt nicht, weil ihr nicht zu meinen Schafen gehört.
27Meine Schafe hören auf meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir nach;
28und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie werden in alle Ewigkeit nicht umkommen, und niemand wird sie meiner Hand entreißen.
29Mein Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer als alle, und niemand vermag sie der Hand meines Vaters zu entreißen.
30Ich und der Vater sind eins!«

31Da holten die Juden wieder Steine herbei, um ihn zu steinigen;
32Jesus aber sagte zu ihnen: »Viele gute Werke habe ich euch vom Vater her sehen lassen: welches von diesen Werken ist es, wegen dessen ihr mich steinigen wollt?«
33Die Juden antworteten ihm: »Nicht wegen eines guten Werkes wollen wir dich steinigen, sondern wegen Gotteslästerung, und zwar weil du, der du doch (nur) ein Mensch bist, dich selbst zu Gott machst.«
34Jesus antwortete ihnen: »Steht nicht in eurem Gesetz geschrieben: ›Ich habe gesagt: Ihr seid Götter‹?
35Wenn die Schrift schon jene (Männer), an die das Wort Gottes erging, Götter genannt hat – und die Schrift kann doch ihre Gültigkeit nicht verlieren –:
36wie könnt ihr da dem, welchem der Vater die Weihe erteilt und den er in die Welt gesandt hat, Gotteslästerung vorwerfen, weil ich gesagt habe: ›Ich bin Gottes Sohn‹?
37Wenn ich nicht die Werke meines Vaters tue, so glaubt mir nicht;
38wenn ich sie aber tue, so glaubt, wenn auch nicht mir selbst, so doch meinen Werken, damit ihr immer gewisser zu der Erkenntnis gelangt, daß der Vater in mir ist und ich im Vater bin.«
39Da suchten sie ihn wiederum festzunehmen, doch er entkam aus ihren Händen.

12. Jesus und Lazarus; Jesus als die Auferstehung und das Leben

a) Jesus im Ostjordanlande; Tod des Lazarus in Bethanien; Jesu Aufbruch nach Bethanien

40Er zog nun wieder in das Ostjordanland an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hatte, und blieb dort.
41Da kamen viele zu ihm und sagten: »Johannes hat zwar keinerlei Wunder getan, alles aber, was Johannes über diesen Mann gesagt hat, ist wahr gewesen.«
42Und viele kamen dort zum Glauben an ihn.

11
1Es lag aber ein Mann krank darnieder, Lazarus von Bethanien, aus dem Dorfe, in welchem Maria und ihre Schwester Martha wohnten –
2es war die Maria, die den Herrn mit Myrrhenbalsam gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren getrocknet hat –: deren Bruder Lazarus lag krank darnieder.
3Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: »Herr, siehe, der, den du lieb hast, der ist krank!«
4Als Jesus das vernahm, sagte er: »Diese Krankheit führt nicht zum Tode, sondern dient zur Verherrlichung Gottes, weil der Sohn Gottes durch sie verherrlicht werden soll.«
5Jesus hatte aber die Martha und ihre Schwester und auch den Lazarus lieb.
6Als er nun von dessen Krankheit gehört hatte, blieb er zunächst noch zwei Tage an dem Orte, wo er sich befand;
7dann erst sagte er zu seinen Jüngern: »Wir wollen wieder nach Judäa ziehen!«
8Die Jünger erwiderten ihm: »Rabbi, soeben erst haben die Juden dich steinigen wollen, und nun willst du wieder dorthin gehen?«
9Jesus antwortete: »Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn man am Tage wandert, stößt man nicht an, weil man das Licht dieser Welt sieht;
10wenn man aber bei Nacht wandert, stößt man an, weil man kein Licht in sich hat, um zu sehen.«
11So sagte er und fuhr dann fort: »Unser Freund Lazarus ist eingeschlafen; aber ich gehe hin, um ihn aus dem Schlaf zu wecken.«
12Da erwiderten ihm die Jünger: »Herr, wenn er eingeschlafen ist, wird er wieder gesund werden.«
13Jesus hatte den Tod des Lazarus gemeint, sie dagegen waren der Meinung, er rede vom gewöhnlichen Schlaf.
14Da sagte Jesus ihnen denn mit klaren Worten: »Lazarus ist gestorben,
15und ich freue mich euretwegen, daß ich nicht dort gewesen bin, damit ihr glauben lernt. Doch nun laßt uns zu ihm gehen!«
16Da sagte Thomas, der auch den Namen ›Zwilling‹ führt, zu seinen Mitjüngern: »Laßt uns hingehen, um mit ihm zu sterben!«

b) Jesu Rückkehr nach Bethanien; sein Zusammentreffen mit Martha und Maria und sein Zeugnis von der Auferstehung in Unvergänglichkeit

17Als nun Jesus hinkam, fand er ihn schon seit vier Tagen im Grabe liegen.
18Bethanien lag aber in der Nähe von Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien von dort entfernt;
19darum hatten sich viele von den Juden bei Martha und Maria eingefunden, um sie über den Tod ihres Bruders zu trösten.
20Als nun Martha von der Ankunft Jesu hörte, ging sie ihm entgegen; Maria aber blieb im Hause (bei den Trauergästen) sitzen.
21Da sagte Martha zu Jesus: »Herr, wärest du hier gewesen, so wäre mein Bruder nicht gestorben!
22Doch auch so weiß ich, daß Gott dir alles gewähren wird, um was du Gott bittest.«
23Jesus erwiderte ihr: »Dein Bruder wird auferstehen!«
24Martha antwortete ihm: »Ich weiß, daß er bei der Auferstehung am jüngsten Tage auferstehen wird.«
25Jesus entgegnete ihr: »Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, wenn er auch stirbt,
26und wer da lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben! Glaubst du das?«
27Sie antwortete ihm: »Ja, Herr, ich habe den Glauben gewonnen, daß du Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.«

28Nach diesen Worten ging sie weg und rief ihre Schwester Maria, indem sie ihr zuflüsterte: »Der Meister ist da und läßt dich rufen!«
29Sobald jene das gehört hatte, stand sie schnell auf und machte sich auf den Weg zu ihm;
30Jesus war aber noch nicht in das Dorf gekommen, sondern befand sich noch an der Stelle, wohin Martha ihm entgegengekommen war.
31Als nun die Juden, die bei Maria im Hause waren und sie zu trösten suchten, sie schnell aufstehen und hinausgehen sahen, folgten sie ihr nach in der Meinung, sie wolle zum Grabe gehen, um dort zu weinen.
32Als nun Maria an die Stelle kam, wo Jesus sich befand, und ihn erblickt hatte, warf sie sich ihm zu Füßen und sagte zu ihm: »Herr, wärest du hier gewesen, so wäre mein Bruder nicht gestorben!«
33Als nun Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, fühlte er sich im Geist heftig bewegt und erschüttert.

c) Jesus am Grabe und sein Gebet; die Auferweckung des Lazarus

34Darauf fragte er: »Wo habt ihr ihn beigesetzt?« Sie antworteten ihm: »Herr, komm und sieh es!«
35Jesus weinte.
36Da sagten die Juden: »Seht, wie lieb hat er ihn gehabt!«
37Einige von ihnen aber sagten: »Hätte dieser, der dem Blinden die Augen aufgetan hat, nicht auch machen können, daß dieser hier nicht zu sterben brauchte?«
38Da geriet Jesus in seinem Innern aufs neue in heftige Erregung und trat an das Grab; es war dies aber eine Höhle, vor deren Eingang ein Stein lag.
39Jesus sagte: »Hebt den Stein weg!« Martha, die Schwester des Verstorbenen, erwiderte ihm: »Herr, er ist schon in Verwesung; es ist ja schon der vierte Tag seit seinem Tode.«
40Jesus entgegnete ihr: »Habe ich dir nicht gesagt, daß, wenn du glaubst, du die Herrlichkeit Gottes sehen wirst?«
41Da hoben sie den Stein weg; Jesus aber richtete die Augen (zum Himmel) empor und betete: »Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast!
42Ich wußte wohl, daß du mich allezeit erhörst; aber um des Volkes willen, das hier rings (um mich) steht, habe ich’s gesagt, damit sie zum Glauben kommen, daß du mich gesandt hast.«
43Nach diesen Worten rief er mit lauter Stimme: »Lazarus, komm heraus!«
44Da kam der Gestorbene heraus, an den Beinen und Armen mit Binden umwickelt, und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch umbunden. Jesus sagte zu ihnen: »Macht ihn los (von seinen Hüllen) und laßt ihn (frei) gehen!«

13. Die Wirkungen des Wunders; Todesbeschluß des Hohen Rates; Jesus entweicht nach Ephraim

45Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und zugeschaut hatten bei dem, was Jesus getan hatte, wurden an ihn gläubig;
46einige von ihnen aber gingen weg zu den Pharisäern und berichteten ihnen, was Jesus getan hatte.
47Infolgedessen beriefen die Hohenpriester und Pharisäer eine Versammlung des Hohen Rates und sagten: »Was sollen wir tun, da dieser Mensch so viele Wunderzeichen vollführt?
48Lassen wir ihn so weiter gewähren, so werden (schließlich) noch alle an ihn glauben, und dann werden die Römer kommen und uns die Stätte und unser Volkstum beseitigen.«
49Einer aber von ihnen, nämlich Kaiphas, der in jenem Jahre Hoherpriester war, sagte zu ihnen: »Ihr seid ganz ohne Einsicht
50und bedenkt nicht, daß es besser für euch ist, daß ein einzelner Mensch für das Volk stirbt, und nicht das ganze Volk zugrunde geht.«
51Dies sagte er aber nicht von sich selbst aus, sondern als Hoherpriester jenes Jahres weissagte er (unbewußt), daß Jesus (zum Heil) für das Volk sterben würde,
52und zwar nicht für das (jüdische) Volk allein, sondern auch, damit er die (unter den Völkern) zerstreuten Gotteskinder zu einem einheitlichen Ganzen vereinigte.
53So beratschlagten sie denn von diesem Tage an miteinander in der Absicht, ihn zu töten.
54Daher ging Jesus nicht mehr öffentlich unter den Juden umher, sondern zog sich von dort in die Gegend nahe bei der Wüste nach einer Stadt namens Ephraim zurück und verweilte dort mit seinen Jüngern längere Zeit.

55Es stand aber das jüdische Passah nahe bevor, und viele Leute zogen aus dem (ganzen) Lande schon vor dem Passah nach Jerusalem hinauf, um sich zu heiligen.
56Sie suchten nun dort nach Jesus und besprachen sich miteinander, während sie auf dem Tempelplatze standen: »Was meint ihr? Er wird doch wohl nicht zum Feste kommen?«
57Die Hohenpriester und Pharisäer aber hatten mehrfach die Verfügung ergehen lassen, wenn jemand seinen Aufenthaltsort in Erfahrung bringe, solle er Anzeige erstatten, damit sie ihn festnehmen könnten.

14. Jesu Salbung (Todesweihe) in Bethanien; Lazarus in Gefahr

12
1Jesus kam nun sechs Tage vor dem Passah nach Bethanien, wo Lazarus wohnte, den Jesus von den Toten auferweckt hatte.
2Sie veranstalteten ihm zu Ehren dort ein Mahl, bei dem Martha die Bedienung besorgte, während Lazarus sich unter denen befand, die mit ihm zu Tische saßen.
3Da nahm Maria ein Pfund Myrrhenbalsam, echte, kostbare Nardensalbe, salbte Jesus die Füße und trocknete ihm die Füße mit ihrem Haar ab; das ganze Haus wurde dabei vom Duft der Salbe erfüllt.
4Da sagte Judas Iskariot, einer von seinen Jüngern, sein nachmaliger Verräter:
5»Warum hat man diese Salbe nicht für dreihundert Denare verkauft und (den Erlös) den Armen gegeben?«
6Das sagte er aber nicht, weil ihm die Armen sonderlich am Herzen lagen, sondern weil er ein Dieb war und als Kassenführer die Einlagen veruntreute.
7Da sagte Jesus: »Laß sie in Ruhe! Sie soll (die Salbe) für den Tag meiner Bestattung aufbewahrt haben.
8Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.«

9Es erfuhr nun die zahlreiche Volksmenge der Juden, daß Jesus dort sei; und sie kamen hin nicht nur um Jesu willen, sondern auch um Lazarus zu sehen, den er von den Toten auferweckt hatte.
10Die Hohenpriester aber hielten Beratungen ab in der Absicht, auch Lazarus zu töten,
11weil viele Juden seinetwegen dorthin gingen und zum Glauben an Jesus kamen.

15. Jesu Einzug in Jerusalem am Palmsonntag

12Als dann am folgenden Tage von der Volksmenge, die zum Fest gekommen war, ein großer Teil erfuhr, daß Jesus auf dem Wege nach Jerusalem sei,
13nahmen sie Palmenzweige, zogen hinaus ihm entgegen und riefen laut: »Hosianna! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn und als der König Israels!«
14Jesus hatte aber einen jungen Esel vorgefunden und sich daraufgesetzt, wie geschrieben steht:
15»Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.«
16An dies Wort hatten seine Jünger zunächst nicht gedacht; als Jesus aber zur Herrlichkeit eingegangen war, da wurde es ihnen klar, daß dies mit Bezug auf ihn geschrieben stand und daß man dies so an ihm zur Ausführung gebracht hatte.
17Die Volksmenge nun, die bei ihm gewesen war, als er Lazarus aus dem Grabe gerufen und ihn von den Toten auferweckt hatte, hatte Zeugnis für ihn abgelegt;
18darum waren ihm auch die vielen Menschen entgegengezogen, weil sie erfahren hatten, daß er dies Wunderzeichen getan habe.
19Da sagten die Pharisäer zueinander: »Ihr seht, daß ihr nichts erreicht: die ganze Welt ist ja hinter ihm hergelaufen!«

16. Das Ersuchen der griechischen Festteilnehmer; Jesus kündigt sein Todesleiden und seine daraufhin erfolgende Verherrlichung zum Weltheiland an

20Es befanden sich aber einige Griechen unter denen, die nach Jerusalem hinaufzuziehen pflegten, um dort ihre Anbetung am Fest zu verrichten.
21Diese wandten sich nun an Philippus, der aus Bethsaida in Galiläa war, mit der Bitte: »Herr, wir möchten Jesus gern sehen
22Da ging Philippus hin und sagte es dem Andreas; Andreas und Philippus kamen alsdann und teilten es Jesus mit.
23Dieser antwortete ihnen mit den Worten: »Die Stunde der Verherrlichung ist für den Menschensohn gekommen!
24Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde hineinfällt und erstirbt, so bleibt es für sich allein; wenn es aber erstirbt, bringt es reiche Frucht.
25Wer sein Leben liebt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt haßt, wird es zu ewigem Leben bewahren.
26Will jemand mir dienen, so folge er mir nach, und wo ich bin, da wird auch mein Diener sein; wenn jemand mir dient, wird der Vater ihn ehren.
27Jetzt ist meine Seele erschüttert, und was soll ich sagen? (Soll ich bitten:) ›Vater, errette mich aus dieser Stunde!‹? Nein, gerade deshalb bin ich ja in diese Stunde gekommen:
28Vater, verherrliche deinen Namen!« Da erscholl eine Stimme aus dem Himmel: »Ich habe ihn (schon) verherrlicht und werde ihn noch weiter verherrlichen!«
29Da sagte die Volksmenge, die dabeistand und zuhörte, es habe gedonnert; andere sagten: »Ein Engel hat mit ihm geredet.«
30Da nahm Jesus das Wort und sagte: »Nicht um meinetwillen ist diese Stimme erschollen, sondern um euretwillen.
31Jetzt ergeht ein Gericht über diese Welt, jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgestoßen werden,
32und ich werde, wenn ich von der Erde erhöht sein werde, alle zu mir ziehen!«
33Dies sagte er aber, um anzudeuten, welches Todes er sterben würde.
34Da entgegnete ihm die Volksmenge: »Wir haben aus dem Gesetz gehört, daß Christus in Ewigkeit (am Leben) bleibt; wie kannst du da behaupten, der Menschensohn müsse erhöht werden? Wer ist denn dieser Menschensohn?«
35Da sagte Jesus zu ihnen: »Nur noch kurze Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt (im Licht), solange ihr das Licht noch habt, damit euch die Finsternis nicht überfällt; denn wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er gelangt.
36Solange ihr das Licht noch habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichtes werdet!«

17. Rückblick des Evangelisten auf die öffentliche Wirksamkeit Jesu; Schlußurteil über das ungläubige jüdische Volk

So sprach Jesus, entfernte sich dann und hielt sich vor ihnen verborgen.
37Obwohl er aber so viele Wunderzeichen vor ihren Augen getan hatte, glaubten sie doch nicht an ihn;
38es sollte sich eben das Wort des Propheten Jesaja erfüllen, das da lautet: »Herr, wer hat unserer Botschaft Glauben geschenkt, und wem ist der Arm des Herrn offenbar geworden?«
39Deshalb konnten sie nicht glauben, weil Jesaja an einer anderen Stelle gesagt hat:
40»Er hat ihnen die Augen geblendet und ihr Herz verhärtet, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihrem Herzen (nicht) zur Erkenntnis gelangen und sie sich (nicht) bekehren sollten und ich sie (nicht) heile.«
41So hat Jesaja gesprochen, weil er seine Herrlichkeit schaute, und von ihm hat er geredet.
42Gleichwohl glaubten auch von den Obersten viele an ihn, bekannten es aber um der Pharisäer willen nicht offen, um nicht in den Bann getan zu werden;
43denn an der Ehre bei den Menschen lag ihnen mehr als an der Ehre bei Gott.

18. Jesu Zeugnis über sich und über sein Verhältnis zu Gott

44Jesus aber rief mit lauter Stimme aus: »Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat;
45und wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat.
46Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.
47Und wenn jemand meine Worte hört und sie nicht befolgt, so richte nicht ich ihn; denn ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um die Welt zu retten.
48Wer mich verwirft und meine Worte nicht annimmt, der hat (damit schon) seinen Richter: das Wort, das ich verkündet habe, wird sein Richter sein am jüngsten Tage.
49Denn ich habe nicht von mir selbst aus geredet, sondern der Vater, der mich gesandt hat, der hat mir Auftrag gegeben, was ich sagen und was ich reden soll,
50und ich weiß, daß sein Auftrag ewiges Leben bedeutet. Was ich also rede, das rede ich so, wie der Vater es mir gesagt hat.«

III. Jesus offenbart seinen Jüngern beim Abschied seinen Weg zur Herrlichkeit und ihren Weg ebendahin (Kap. 13-17)

1. Jesu letztes Mahl mit seinen Jüngern

a) Die Fußwaschung

13
1Vor dem Passahfest aber, da Jesus wohl wußte, daß für ihn die Stunde gekommen sei, aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen, bewies er den Seinen, die in der Welt waren, die Liebe, die er (bisher) zu ihnen gehegt hatte, bis zum letzten Augenblick.
2Es war bei einem Mahl, und schon hatte der Teufel dem Judas Iskariot, dem Sohne Simons, den Entschluß des Verrats eingegeben.
3Weil Jesus nun wußte, daß der Vater ihm alles in die Hände gegeben hatte und daß er von Gott ausgegangen sei und wieder zu Gott hingehe,
4erhob er sich beim Mahl von seinem Platz, legte die Oberkleidung ab, nahm einen linnenen Schurz und band ihn sich um.
5Danach goß er Wasser in das Waschbecken und begann seinen Jüngern die Füße zu waschen und sie mit dem linnenen Schurz, den er sich umgebunden hatte, abzutrocknen.
6So kam er denn auch zu Simon Petrus. Dieser sagte zu ihm: »Herr, du willst mir die Füße waschen?«
7Jesus antwortete ihm mit den Worten: »Was ich damit tue, verstehst du jetzt noch nicht, du wirst es aber nachher verstehen.«
8Petrus entgegnete ihm: »Nun und nimmer sollst du mir die Füße waschen!« Jesus antwortete ihm: »Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keinen Anteil an mir
9Da sagte Simon Petrus zu ihm: »Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und den Kopf!«
10Jesus antwortete ihm: »Wer gebadet ist, dem braucht nichts weiter gewaschen zu werden als die Füße, sondern er ist am ganzen Körper rein; und ihr seid rein, jedoch nicht alle.«
11Er kannte nämlich seinen Verräter wohl; deshalb sagte er: »Ihr seid nicht alle rein.«

b) Jesu Deutung seines demütigen Liebesdienstes

12Nachdem er ihnen nun die Füße gewaschen und seine Oberkleidung wieder angelegt und seinen Platz am Tisch wieder eingenommen hatte, sagte er zu ihnen: »Versteht ihr, was ich an euch getan habe?
13Ihr redet mich mit ›Meister‹ und ›Herr‹ an und habt recht mit dieser Benennung, denn ich bin es wirklich.
14Wenn nun ich, der Herr und der Meister, euch die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr verpflichtet, einander die Füße zu waschen;
15denn ein Vorbild habe ich euch gegeben, damit ihr es ebenso machet, wie ich an euch getan habe.
16Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ein Knecht steht nicht höher als sein Herr, und ein Sendbote nicht höher als sein Absender.
17Wenn ihr dies wißt – selig seid ihr, wenn ihr danach handelt!
18Nicht von euch allen rede ich; ich weiß ja, wie die beschaffen sind, welche ich erwählt habe; aber das Schriftwort muß erfüllt werden: ›Der mein Brot ißt, hat seine Ferse gegen mich erhoben.‹
19Schon jetzt sage ich es euch, noch bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschehen ist, glaubt, daß ich es bin (den die Schrift meint).
20Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer dann, wenn ich jemand sende, ihn aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.«

c) Kennzeichnung und Entfernung des Verräters

21Nach diesen Worten wurde Jesus im Geist aufs tiefste erschüttert und sprach es offen aus: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten!«
22Da blickten die Jünger einander an und waren ratlos darüber, wen er meinte.
23Es hatte aber einer von seinen Jüngern bei Tisch seinen Platz an der Brust Jesu, nämlich der, den Jesus (besonders) lieb hatte.
24Diesem gab nun Simon Petrus einen Wink und sagte ihm: »Laß uns wissen, wen er meint!«
25Jener lehnte sich nun auch sogleich an die Brust Jesu zurück und fragte ihn: »Herr, wer ist es?«
26Da antwortete Jesus: »Der ist es, dem ich den Bissen (in die Schüssel) eintauchen und reichen werde.« Darauf tauchte er den Bissen ein, nahm ihn und reichte ihn dem Judas, dem Sohne Simons aus Kariot.
27Nachdem dieser den Bissen genommen hatte, fuhr der Satan in ihn hinein. Nun sagte Jesus zu ihm: »Was du zu tun vorhast, das tu bald!«
28Was er ihm damit hatte sagen wollen, verstand keiner von den Tischgenossen.
29Einige nämlich meinten, weil Judas die Kasse führte, wolle Jesus ihm sagen: »Kaufe das ein, was wir für das Fest nötig haben«, oder er solle den Armen etwas geben.
30Nachdem nun jener den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus. Es war aber Nacht.

2. Jesu Abschieds- und Trostreden (13,31-17,26)

a) Beginn und Grundlage der Abschiedsreden

aa) Jesu Ankündigung seiner Verherrlichung

31Nach seinem Weggange nun sagte Jesus: »Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht worden!
32Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, so wird Gott auch ihn in sich selbst verherrlichen, und zwar wird er ihn sofort verherrlichen.
33Liebe Kinder, nur noch kurze Zeit bin ich bei euch; dann werdet ihr mich suchen, und, wie ich schon den Juden gesagt habe: ›Wohin ich gehe, dahin könnt ihr nicht kommen‹, so sage ich es jetzt auch euch.«

bb) Das neue Gebot der Liebe

34»Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander lieben sollt; wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.
35Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.«

cc) Ankündigung der Verleugnung des Petrus

36Da fragte ihn Simon Petrus: »Herr, wohin gehst du?« Jesus antwortete ihm: »Wohin ich gehe, dahin kannst du mir jetzt nicht folgen; du wirst mir aber später folgen.« Petrus antwortete ihm:
37»Herr, warum sollte ich dir jetzt nicht folgen können? Mein Leben will ich für dich hingeben!«
38Da antwortete Jesus: »Dein Leben willst du für mich hingeben? Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Der Hahn wird nicht krähen, bevor du mich dreimal verleugnet hast.«

b) Erste Trostrede

aa) Jesu Verheißung seiner Wiederkunft und der Aufnahme der Jünger in die bei Gott bereitete Stätte; Jesus der Weg zu Gott, seine Einheit mit Gott

14
1»Euer Herz erschrecke nicht! Vertrauet auf Gott und vertrauet auf mich!
2In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, hätte ich es euch gesagt; denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten;
3und wenn ich hingegangen bin und euch eine Stätte bereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit da, wo ich bin, auch ihr seid.
4Und wohin ich gehe – den Weg dahin kennt ihr.«
5Da sagte Thomas zu ihm: »Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst: wie sollten wir da den Weg kennen?«
6Jesus antwortete ihm: »Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.
7Wenn ihr mich erkannt hättet, würdet ihr auch meinen Vater kennen; von jetzt an kennt ihr ihn und habt ihn gesehen.«
8Philippus sagte zu ihm: »Herr, zeige uns den Vater: das genügt uns.«
9Da sagte Jesus zu ihm: »So lange Zeit schon bin ich mit euch zusammen, und (trotzdem) hast du mich noch nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen; wie kannst du sagen: ›Zeige uns den Vater!‹
10Glaubst du nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, spreche ich nicht von mir selbst aus, nein, der Vater, der dauernd in mir ist, der tut seine Werke.
11Glaubet mir, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist; wo nicht, so glaubt doch um der Werke selbst willen!«

bb) Verheißung der Gebetserhörung und der erfolgreichsten Wirksamkeit, des dauernden Besitzes des heiligen Geistes, des Wiedersehens und ewiger Vereinigung

12Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich tue, auch vollbringen, ja er wird noch größere als diese vollbringen;
13denn ich gehe zum Vater, und alles, um was ihr (dann) in meinem Namen bitten werdet, das werde ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht werde.
14Wenn ihr mich um etwas in meinem Namen bitten werdet, so werde ich es tun. –
15Wenn ihr mich liebt, so werdet ihr meine Gebote halten;
16und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Helfer geben, damit er bis in Ewigkeit bei euch sei:
17den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und ihn nicht erkennt; ihr aber erkennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. –
18Ich will euch nicht verwaist zurücklassen: ich komme zu euch!
19Nur noch eine kurze Zeit, dann sieht mich die Welt nicht mehr; ihr aber seht mich, daß ich lebe, und ihr sollt auch leben!
20An jenem Tage werdet ihr erkennen, daß ich in meinem Vater bin und ihr in mir seid und ich in euch.«

cc) Verheißung der innigsten Geistes- und Liebesgemeinschaft mit Gott und Jesus

21»Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.«
22Da fragte ihn Judas – nicht der Iskariot –: »Herr, wie kommt es, daß du dich (nur) uns offenbaren willst und nicht (auch) der Welt?«
23Jesus antwortete ihm mit den Worten: »Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.
24Wer mich nicht liebt, hält auch meine Worte nicht; und doch kommt das Wort, das ihr hört, nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.«

dd) Zusage der Belehrung durch den heiligen Geist; Friedensgruß und Aufforderung zur Glaubenszuversicht

25»Dies habe ich zu euch geredet, während ich bei euch weilte.
26Der Helfer aber, der heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch über alles (Weitere) belehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe. –
27Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht so, wie die Welt gibt, gebe ich euch. Euer Herz erschrecke nicht und verzage nicht!
28Ihr habt gehört, daß ich euch gesagt habe: ›Ich gehe hin und komme wieder zu euch.‹ Hättet ihr mich lieb, so hättet ihr euch gefreut, daß ich zum Vater gehe, denn der Vater ist größer als ich.
29Und schon jetzt habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr zum Glauben kommt, wenn es geschieht.
30Ich werde nicht mehr viel mit euch reden, denn es kommt der Fürst der Welt; doch über mich hat er keine Macht.
31Damit aber die Welt erkennt, daß ich den Vater liebe und so tue, wie der Vater mir geboten hat: erhebt euch! Laßt uns von hier aufbrechen!«

c) Zweite Abschieds- und Trostrede

aa) Gleichnis vom Weinstock und den Reben

15
1»Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner.
2Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, entfernt er, und jede (Rebe), die Frucht bringt, reinigt er, damit sie noch mehr Frucht bringe.
3Ihr seid bereits rein infolge des Wortes, das ich zu euch geredet habe:
4bleibt in mir, so bleibe ich in euch. Wie die Rebe nicht von sich selbst aus Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr es nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.
5Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben: wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reichlich Frucht; dagegen ohne mich könnt ihr nichts vollbringen.
6Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie die Rebe und verdorrt; man sammelt sie dann und wirft sie ins Feuer: da verbrennen sie.
7Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet, um was ihr wollt: es wird euch zuteil werden.
8Dadurch ist mein Vater verherrlicht, daß ihr reichlich Frucht bringt und euch als meine Jünger erweist.«

bb) Das Liebesgebot: Bleibt in der Liebesgemeinschaft mit mir und untereinander!

9»Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt: bleibet in meiner Liebe!
10Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, gleichwie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und damit in seiner Liebe bleibe.
11Dies habe ich zu euch geredet, damit die Freude, wie ich sie habe, auch in euch (vorhanden) sei und eure Freude vollkommen werde. –
12Das ist mein Gebot, daß ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe.
13Größere Liebe kann niemand haben als die, daß er sein Leben für seine Freunde hingibt.
14Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch gebiete.
15Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn der Knecht hat keine Einsicht in das Tun seines Herrn; vielmehr habe ich euch Freunde genannt, weil ich euch alles kundgetan habe, was ich von meinem Vater gehört habe.
16Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und euch dazu bestellt, daß ihr hingehen und Frucht bringen sollt und eure Frucht eine bleibende sei, auf daß der Vater euch alles gebe, um was ihr ihn in meinem Namen bittet.
17Dies ist mein Gebot an euch, daß ihr einander liebet.«

cc) Weissagung des durch den Haß der Welt leidvollen Jüngerschicksals

18»Wenn die Welt euch haßt, so bedenkt, daß sie mich noch eher als euch gehaßt hat!
19Wenn ihr aus der Welt wärt, so würde die Welt euch als das zu ihr Gehörige lieben; weil ihr aber nicht aus der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt heraus erwählt habe, deshalb haßt euch die Welt.
20Gedenkt an das Wort, das ich euch gesagt habe: ›Ein Knecht steht nicht höher als sein Herr.‹ Haben sie mich verfolgt, so werden sie auch euch verfolgen; haben sie mein Wort befolgt, so werden sie auch das eure befolgen.
21Dies alles aber werden sie euch um meines Namens willen antun, weil sie den nicht kennen, der mich gesandt hat.
22Wenn ich nicht gekommen wäre und nicht zu ihnen geredet hätte, so wären sie frei von Verschulden; so aber haben sie keine Entschuldigung für ihr Verschulden.
23Wer mich haßt, der haßt auch meinen Vater.
24Wenn ich nicht solche Werke unter ihnen getan hätte, wie kein anderer sie getan hat, so wären sie frei von Verschulden; so aber haben sie (alles) gesehen und doch sowohl mich als auch meinen Vater gehaßt.
25Aber es muß das Wort, das in ihrem Gesetz geschrieben steht, erfüllt werden: ›Sie haben mich ohne Grund gehaßt.‹ –
26Wenn aber der Helfer kommt, den ich euch vom Vater her senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis über mich ablegen.
27Doch auch ihr seid (meine) Zeugen, weil ihr von Anfang an bei mir (gewesen) seid.

16
1Dies habe ich euch gesagt, damit ihr nicht Anstoß nehmt.
2Man wird euch in den Bann tun; ja, es kommt die Stunde, wo jeder, der euch tötet, Gott eine Opfergabe darzubringen meint.
3Und so werden sie verfahren, weil sie weder den Vater noch mich erkannt haben.
4Aber ich habe euch dies gesagt, damit, wenn die Stunde der Erfüllung kommt, ihr daran gedenkt, daß ich es euch gesagt habe.«

dd) Verheißung des heiligen Geistes und dessen segensreiches Wirken an der Welt und in den Jüngern

»Dies habe ich euch aber nicht gleich anfangs gesagt, weil ich noch bei euch war.
5Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat, und keiner von euch fragt mich: ›Wohin gehst du?‹,
6sondern weil ich dies zu euch gesagt habe, hat die Traurigkeit euer Herz erfüllt.
7Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, daß ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, so wird der Helfer nicht zu euch kommen; wenn ich aber hingegangen bin, werde ich ihn zu euch senden.
8Und wenn er gekommen ist, wird er der Welt die Augen öffnen über Sünde und über Gerechtigkeit und über Gericht:
9über Sünde, (die darin besteht) daß sie nicht an mich glauben;
10über Gerechtigkeit, (die darin besteht) daß ich zum Vater hingehe und ihr mich fortan nicht mehr seht;
11über Gericht, (das darin besteht) daß der Fürst dieser Welt gerichtet ist.

12Noch vieles hätte ich euch zu sagen, doch ihr könnt es jetzt nicht tragen.
13Wenn aber jener gekommen ist, der Geist der Wahrheit, der wird euch in die ganze Wahrheit einführen; denn er wird nicht von sich selbst aus reden, sondern was er hört, das wird er reden und euch das Zukünftige verkündigen.
14Er wird mich verherrlichen, denn von meinem Eigentum wird er es nehmen und euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, ist mein;
15deshalb habe ich gesagt, daß er es von meinem Eigentum nimmt und es euch verkündigen wird.«

ee) Verheißung baldigen Wiedersehens und Mahnung zum Gebet im Namen Jesu

16»Nur noch eine kurze Zeit, so seht ihr mich nicht mehr; dann wieder eine kurze Zeit, so werdet ihr mich sehen.«
17Da sagten einige von seinen Jüngern zueinander: »Was meint er damit, daß er zu uns sagt: ›Nur noch eine kurze Zeit, so seht ihr mich nicht mehr; dann wieder eine kurze Zeit, so werdet ihr mich sehen‹, und weiter: ›Ich gehe hin zum Vater‹?«
18Sie sagten also: »Was meint er mit dem Ausdruck ›eine kurze Zeit‹? Wir verstehen seine Worte nicht.«
19Jesus merkte, daß sie ihn darüber befragen wollten, und sagte zu ihnen: »Darüber verhandelt ihr miteinander, (was das zu bedeuten habe) daß ich gesagt habe: ›Nur noch eine kurze Zeit, so seht ihr mich nicht mehr, dann wieder eine kurze Zeit, so werdet ihr mich sehen‹?
20Wahrlich, wahrlich ich sage euch: ihr werdet weinen und wehklagen, die Welt aber wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit wird zur Freude werden.
21Wenn eine Frau Mutter werden soll, so ist sie traurig, weil ihre Stunde gekommen ist; wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst um der Freude willen, daß ein Mensch in die Welt geboren ist.
22So seid auch ihr jetzt in Traurigkeit; aber ich werde euch wiedersehen: dann wird euer Herz sich freuen, und niemand wird euch eure Freude rauben.
23Und an jenem Tage werdet ihr mich um nichts mehr befragen. Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet, so wird er es euch in meinem Namen geben.
24Bisher habt ihr noch nie um etwas in meinem Namen gebeten: bittet, so werdet ihr empfangen, damit eure Freude vollkommen sei.«

ff) Verheißung der Vollendung der Gottesgemeinschaft für die Jünger; Abschluß der Abschiedsreden

25»Dies habe ich euch in Gleichnissen verkündet; es kommt aber die Stunde, da werde ich nicht mehr in Gleichnissen zu euch reden, sondern euch mit voller Offenheit Kunde über den Vater geben.
26An jenem Tage werdet ihr in meinem Namen bitten, und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten werde;
27denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich geliebt und den Glauben gewonnen habt, daß ich von Gott ausgegangen bin.
28Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; hinwiederum verlasse ich die Welt und kehre zum Vater zurück.« –
29Da sagten seine Jünger: »Siehe, jetzt redest du frei heraus und gebrauchst keine bildliche Rede mehr;
30jetzt wissen wir, daß du alles weißt und niemand dich erst zu befragen braucht; darum glauben wir, daß du von Gott ausgegangen bist.«
31Jesus antwortete ihnen: »Jetzt glaubt ihr?
32Wisset wohl: es kommt die Stunde, ja sie ist schon da, daß ihr euch zerstreuen werdet, ein jeder in das Seine, und ihr mich allein lassen werdet. Und doch bin ich (alsdann) nicht allein, denn der Vater ist bei mir.
33Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habet. In der Welt habt ihr Bedrängnis; doch seid getrost: ich habe die Welt überwunden!«

d) Das (hohepriesterliche) Abschiedsgebet Jesu mit den Seinen und für die Seinen

aa) Jesu Gebet für sich selbst (um seine Verherrlichung nach Vollendung seines Werkes)

17
1So redete Jesus; dann richtete er seine Augen zum Himmel empor und betete: »Vater, die Stunde ist gekommen: verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche!
2Du hast ihm ja Macht über alles Fleisch verliehen, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben gebe.
3Darin besteht aber das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.
4Ich habe dich hier auf der Erde verherrlicht und habe das Werk vollendet, dessen Vollführung du mir aufgetragen hast.
5Und jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir besaß, ehe die Welt war.«

bb) Fürbitte Jesu für die Erhaltung der Jünger in der rechten Gotteserkenntnis

6»Ich habe deinen Namen den Menschen geoffenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Dir gehörten sie an, und mir hast du sie gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt.
7Jetzt haben sie erkannt, daß alles, was du mir gegeben hast, von dir stammt;
8denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und haben in Wahrheit erkannt, daß ich von dir ausgegangen bin, und haben den Glauben gewonnen, daß du es bist, der mich gesandt hat.

9Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, welche du mir gegeben hast; denn sie sind dein Eigentum,
10und was mein ist, ist ja alles dein, und was dein ist, das ist mein, und ich bin in ihnen verherrlicht worden.
11Und ich bin nicht mehr in der Welt, doch sie sind noch in der Welt, während ich zu dir gehe. Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen, den du mir anvertraut hast, damit sie eins seien, so wie wir es sind.
12Solange ich in ihrer Mitte gewesen bin, habe ich sie, die du mir gegeben hast, in deinem Namen erhalten und habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verlorengegangen außer dem Sohne des Verderbens, damit die Schrift erfüllt würde.
13Jetzt aber gehe ich zu dir und rede dieses noch in der Welt, damit sie die Freude, wie ich sie habe, vollkommen in sich tragen.
14Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehaßt, weil sie nicht zur Welt gehören, wie auch ich nicht der Welt angehöre.
15Ich bitte dich nicht, sie aus der Welt hinwegzunehmen, sondern sie vor dem Bösen zu behüten.
16Sie gehören nicht zur Welt, wie auch ich nicht der Welt angehöre.
17Heilige sie in deiner Wahrheit: dein Wort ist Wahrheit.
18Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt;
19und für sie heilige ich mich, damit auch sie in Wahrheit geheiligt seien.«

cc) Fürbitte für alle Gläubigen (oder: für die ganze Gemeinde aller Zeiten und aller Orte)

20»Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort zum Glauben an mich kommen (werden),
21daß sie alle eins seien; wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, so laß auch sie in uns eins sein, damit die Welt glaube, daß du mich gesandt hast.
22Ich habe auch die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie wir eins sind:
23ich in ihnen und du in mir, auf daß sie zu vollkommener Einheit gelangen, damit die Welt erkenne, daß du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast.
24Vater, ich will, daß da, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir verliehen hast; denn du hast mich schon vor der Grundlegung der Welt geliebt.
25Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt, und diese haben erkannt, daß du mich gesandt hast.
26Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn (auch weiterhin) kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen.«

IV. Jesu Leiden und Tod (Kap. 18-19)

1. Jesus in Gethsemane: Judas, Malchus, Gefangennahme Jesu

18
1Nachdem Jesus so gebetet hatte, ging er mit seinen Jüngern (aus der Stadt) hinaus über den Bach Kidron hinüber an einen Ort, wo ein Garten war, in den er mit seinen Jüngern eintrat.
2Aber auch Judas, sein Verräter, kannte diesen Ort, weil Jesus dort oft mit seinen Jüngern zusammengekommen war.
3Nachdem nun Judas die Abteilung Soldaten und von den Hohenpriestern und Pharisäern Diener erhalten hatte, kam er mit Fackeln, Laternen und Waffen dorthin.
4Wiewohl nun Jesus alles wußte, was über ihn kommen würde, trat er doch (aus dem Garten) hinaus und fragte sie: »»»Wen sucht ihr?«
5Sie antworteten ihm: »Jesus von Nazareth.« Er sagte zu ihnen: »Der bin ich.« Auch Judas, sein Verräter, stand bei ihnen.
6Als Jesus nun zu ihnen sagte: »Der bin ich!«, wichen sie zurück und fielen zu Boden.
7Da fragte er sie nochmals: »Wen sucht ihr?« Sie sagten: »Jesus von Nazareth.«
8Jesus antwortete: »Ich habe euch gesagt, daß ich es bin. Wenn ihr also mich sucht, so laßt diese hier gehen!«
9So sollte sich das Wort erfüllen, das er ausgesprochen hatte: »Ich habe keinen von denen, die du mir gegeben hast, verloren gehen lassen.«
10Da nun Simon Petrus ein Schwert bei sich hatte, zog er es heraus, schlug damit nach dem Knechte des Hohenpriesters und hieb ihm das rechte Ohr ab; der Knecht hieß Malchus.
11Da sagte Jesus zu Petrus: »Stecke das Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir der Vater gereicht hat?«

12Hierauf nahmen die Abteilung Soldaten mit ihrem Hauptmann und die Diener der Juden Jesus fest, fesselten ihn
13und führten ihn zunächst zu Hannas ab; dieser war nämlich der Schwiegervater des Kaiphas, der in jenem Jahre Hoherpriester war.
14Kaiphas aber war es, der den Juden den Rat gegeben hatte, es sei besser, daß ein einzelner Mensch für das Volk sterbe.

2. Verleugnung des Petrus; Jesu Verhör vor dem jüdischen Gericht

a) Erste Verleugnung des Petrus

15Simon Petrus aber und noch ein anderer Jünger waren Jesus nachgefolgt. Dieser (andere) Jünger war aber mit dem Hohenpriester bekannt und ging (deshalb) gleichzeitig mit Jesus in den Palast des Hohenpriesters hinein,
16während Petrus draußen vor der Tür stehenblieb. Da ging der andere Jünger, der mit dem Hohenpriester bekannt war, hinaus, redete mit der Türhüterin und führte Petrus hinein.
17Da sagte die Magd, welche die Tür hütete, zu Petrus: »Gehörst du nicht auch zu den Jüngern dieses Menschen?« Er antwortete: »Nein.«
18Es standen aber die Knechte und Diener da, hatten sich wegen der Kälte ein Kohlenfeuer angemacht und wärmten sich daran; aber auch Petrus stand bei ihnen und wärmte sich.

b) Jesus vor den Hohenpriestern Hannas und Kaiphas

19Der Hohepriester (Hannas) befragte nun Jesus über seine Jünger und seine Lehre.
20Jesus antwortete ihm: »Ich habe frei und offen zu aller Welt geredet; ich habe allezeit in den Synagogen und im Tempel gelehrt, wo alle Juden zusammenkommen; im geheimen habe ich überhaupt nicht geredet.
21Warum fragst du mich? Frage die, welche gehört haben, was ich zu ihnen geredet habe; diese wissen, was ich gesagt habe.«
22Als er das ausgesprochen hatte, gab einer von den Dienern, der dabeistand, Jesus einen Schlag ins Gesicht und sagte: »So antwortest du dem Hohenpriester?«
23Jesus entgegnete ihm: »Wenn ich ungehörig gesprochen habe, so gib an, was ungehörig daran gewesen ist; wenn ich aber richtig gesprochen habe, warum schlägst du mich?«
24Darauf sandte Hannas ihn gefesselt zum Hohenpriester Kaiphas.

c) Zweite und dritte Verleugnung des Petrus

25Simon Petrus aber stand (unterdessen) da und wärmte sich. Da fragten sie ihn: »Gehörst du nicht auch zu seinen Jüngern?«
26Er leugnete aber mit einem »Nein«. Da sagte einer von den Knechten des Hohenpriesters, ein Verwandter des Knechtes, dem Petrus das Ohr abgehauen hatte: »Habe ich dich nicht in dem Garten bei ihm gesehen?«
27Da leugnete Petrus nochmals; und sogleich darauf krähte der Hahn.

3. Jesu Verhör und Bekenntnis vor dem römischen Statthalter Pilatus; seine Geißelung, Verspottung und Verurteilung

28Man führte Jesus dann aus dem Hause des Kaiphas nach der Statthalterei; es war früh am Morgen. Die Juden selbst gingen dabei nicht in die Statthalterei hinein, um nicht unrein zu werden, sondern das Passah essen zu können.
29Darum kam Pilatus zu ihnen hinaus und fragte sie: »Welche Anklage habt ihr gegen diesen Mann zu erheben?«
30Sie antworteten ihm mit den Worten: »Wenn dieser Mensch kein Verbrecher wäre, so hätten wir ihn dir nicht überliefert!«
31Da sagte Pilatus zu ihnen: »Nehmt ihr ihn und richtet ihn nach eurem Gesetz.« Da entgegneten ihm die Juden: »Wir haben nicht das Recht, jemand hinzurichten« –
32so sollte sich das Wort Jesu erfüllen, durch das er die Art seines Todes angedeutet hatte.
33Pilatus ging nun wieder in die Statthalterei hinein, ließ Jesus rufen und fragte ihn: »Bist du der König der Juden?«
34Jesus antwortete: »Fragst du so von dir selbst aus, oder haben andere es dir von mir gesagt?«
35Pilatus antwortete: »Ich bin doch kein Jude! Dein Volk und zwar die Hohenpriester haben dich mir überantwortet: was hast du verbrochen?«
36Jesus antwortete: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, so würden meine Diener (für mich) kämpfen, damit ich den Juden nicht überliefert würde; nun aber ist mein Reich nicht von hier
37Da sagte Pilatus zu ihm: »Ein König bist du also?« Jesus antwortete: »Ja, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen; jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.«
38Darauf antwortete ihm Pilatus: »Was ist Wahrheit?!«

Nach diesen Worten ging er wieder zu den Juden hinaus und sagte zu ihnen: »Ich finde keinerlei Schuld an ihm.
39Es ist aber herkömmlich bei euch, daß ich euch am Passah einen (Gefangenen) freigebe: soll ich euch also den König der Juden freigeben?«
40Da riefen sie wieder laut: »Nein, nicht diesen, sondern den Barabbas!« Barabbas war aber ein Räuber.

19
1Da ließ nun Pilatus Jesus ergreifen und geißeln;
2dann flochten die Soldaten eine Dornenkrone, setzten sie ihm aufs Haupt und legten ihm einen scharlachroten Mantel um;
3hierauf traten sie vor ihn hin und riefen aus: »Sei gegrüßt, Judenkönig!« und versetzten ihm Schläge ins Gesicht.
4Pilatus kam dann wieder heraus und sagte zu ihnen: »Seht, ich führe ihn zu euch heraus, damit ihr erkennt, daß ich keinerlei Schuld an ihm finde.«
5So kam denn Jesus heraus, indem er die Dornenkrone und den Purpurmantel trug, und Pilatus sagte zu ihnen: »Seht, der Mensch
6Als ihn nun die Hohenpriester und die Tempeldiener erblickten, schrien sie: »Ans Kreuz mit ihm, ans Kreuz!« Pilatus entgegnete ihnen: »Nehmt ihr ihn und kreuzigt ihn! Denn ich finde keine Schuld an ihm.«
7Die Juden antworteten ihm: »Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz muß er sterben, weil er sich selbst zu Gottes Sohn gemacht hat.«
8Als nun Pilatus dies Wort hörte, geriet er in noch größere Angst;
9er ging also wieder in die Statthalterei hinein und fragte Jesus: »Woher bist du?« Jesus aber gab ihm keine Antwort.
10Da sagte Pilatus zu ihm: »Mir willst du nicht Rede stehen? Weißt du nicht, daß ich die Macht habe, dich freizugeben, und auch die Macht habe, dich kreuzigen zu lassen?«
11Jesus antwortete ihm: »Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht von oben her gegeben wäre; deshalb trifft den, welcher mich dir ausgeliefert hat, eine größere Schuld.«
12Von da an suchte Pilatus ihn freizugeben; aber die Juden schrien: »Gibst du diesen frei, so bist du kein Freund des Kaisers! Jeder, der sich selbst zum König macht, lehnt sich gegen den Kaiser auf!«
13Als Pilatus diese Worte hörte, ließ er Jesus hinausführen und setzte sich auf den Richterstuhl an dem Platze, welcher ›Steinpflaster‹, auf hebräisch Gabbatha, heißt.
14Es war aber der Rüsttag auf das Passahfest, und zwar um die sechste Stunde. Nun sagte Pilatus zu den Juden: »Seht, da ist euer König!«
15Da schrien jene: »Weg, weg mit ihm, kreuzige ihn!« Pilatus entgegnete ihnen: »Euren König soll ich kreuzigen lassen?« Die Hohenpriester antworteten: »Wir haben keinen König als den Kaiser!«
16a Darauf übergab er ihnen Jesus zur Kreuzigung.

4. Jesu Kreuzigung und Tod

b So übernahmen sie denn Jesus;
17und dieser ging, indem er sein Kreuz selber trug, (aus der Stadt) hinaus nach der sogenannten ›Schädelstätte‹, die auf hebräisch Golgatha heißt;
18dort kreuzigten sie ihn und mit ihm noch zwei andere auf beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte.
19Auch eine Aufschrift hatte Pilatus schreiben und oben am Kreuz anbringen lassen; sie lautete: »Jesus von Nazareth, der König der Juden.«
20Diese Aufschrift nun lasen viele von den Juden, weil der Platz, wo Jesus gekreuzigt wurde, nahe bei der Stadt lag und die Aufschrift in hebräischer, römischer und griechischer Sprache abgefaßt war.
21Da sagten die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: »Schreibe nicht: ›Der König der Juden‹, sondern: ›Dieser Mensch hat behauptet, er sei der König der Juden‹!«
22Pilatus (aber) antwortete: »Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben!«

23Als nun die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleidungsstücke und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen Teil, außerdem noch das Unterkleid. Dieses Unterkleid war aber ohne Naht, von oben an in einem Stück gewebt.
24Da sagten sie zueinander: »Wir wollen es nicht zerschneiden, sondern darum losen, wem es gehören soll« – so sollte das Schriftwort seine Erfüllung finden: »Sie haben meine Kleider unter sich verteilt und über mein Gewand das Los geworfen.« Auf diese Weise verfuhren also die Soldaten.

25Es standen aber beim Kreuze Jesu seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, auch Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala.
26Als nun Jesus seine Mutter und neben ihr den Jünger, den er (besonders) lieb hatte, stehen sah, sagte er zu seiner Mutter: »Frau, siehe dein Sohn!«
27Darauf sagte er zu dem Jünger: »Siehe deine Mutter!« Und von dieser Stunde an nahm der Jünger sie zu sich in sein Haus.

28Darauf, weil Jesus wußte, daß nunmehr alles vollbracht war, sagte er, damit die Schrift ganz erfüllt würde: »Mich dürstet.«
29Es stand dort nun ein mit Essig gefülltes Gefäß. Sie umwickelten also einen mit dem Essig getränkten Schwamm mit Ysop und hielten ihm diesen an den Mund.
30Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sagte er: »Es ist vollbracht!«, neigte dann das Haupt und gab den Geist auf.

31Weil es nun Rüsttag war, trugen die Juden, damit die Leichen nicht während des Sabbats am Kreuz blieben – dieser Sabbattag war nämlich ein hoher Festtag –, dem Pilatus die Bitte vor, es möchten ihnen die Schenkel mit Keulen zerschlagen und sie dann (vom Kreuz) herabgenommen werden.
32So kamen denn die Soldaten und zerschlugen dem ersten die Schenkel, ebenso auch dem andern, der mit (Jesus) gekreuzigt worden war.
33Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, daß er bereits tot war, zerschlugen sie ihm die Schenkel nicht,
34sondern einer von den Soldaten stieß ihn mit seiner Lanze in die Seite; da floß sogleich Blut und Wasser heraus.
35Ein Augenzeuge hat dies bezeugt, und sein Zeugnis ist zuverlässig, und jener weiß, daß er die Wahrheit sagt, damit auch ihr zum Glauben kommet.
36Dies ist nämlich geschehen, damit das Schriftwort erfüllt würde: »Es soll kein Knochen an ihm zerbrochen werden.«
37Und noch eine andere Schriftstelle lautet: »Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben.«

5. Kreuzabnahme und Grablegung Jesu

38Hierauf trug Joseph von Arimathäa, der ein Jünger Jesu war – allerdings war er’s nur im geheimen aus Furcht vor den Juden –, dem Pilatus die Bitte vor, daß er den Leichnam Jesu vom Kreuze abnehmen dürfe; und Pilatus gewährte ihm die Bitte. So ging er denn hin und nahm seinen Leichnam (vom Kreuz) ab.
39Aber auch Nikodemus kam, derselbe, der zum erstenmal bei Nacht zu Jesus gekommen war, und brachte eine Mischung von Myrrhe und Aloe mit, wohl hundert Pfund.
40So nahmen sie denn den Leib Jesu und banden ihn ein in Leinwandstreifen mitsamt den wohlriechenden Stoffen, wie es Sitte der Juden bei Bestattungen ist.
41Es lag aber bei dem Platze, wo er gekreuzigt worden war, ein Garten, und in dem Garten (befand sich) ein neues Grab, in welchem bisher noch niemand beigesetzt worden war.
42Dorthin brachten sie nun Jesus mit Rücksicht auf den jüdischen Rüsttag, weil das Grab sich in der Nähe befand.

V. Die Offenbarungen des Auferstandenen (Kap. 20-21)

1. Jesu Auferstehung

a) Maria von Magdala und das leere Grab; Petrus und Johannes am Grabe

20
1Am ersten Tage nach dem Sabbat aber ging Maria Magdalena frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grabe hin und sah, daß der Stein vom Grabe weggenommen war.
2Da eilte sie hin und kam zu Simon Petrus und zu dem anderen Jünger, den Jesus (besonders) lieb gehabt hatte, und sagte zu ihnen: »Man hat den Herrn aus dem Grabe weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat!«
3Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und machten sich auf den Weg zum Grabe.
4Die beiden liefen miteinander, doch der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst an das Grab.
5Als er sich nun hineinbeugte, sah er die leinenen Binden daliegen, ging jedoch nicht hinein.
6Nun kam auch Simon Petrus hinter ihm her und trat in das Grab hinein; er sah dort die leinenen Binden liegen,
7das Schweißtuch aber, das auf seinem Kopf gelegen hatte, lag nicht bei den (anderen) Leintüchern, sondern für sich zusammengefaltet an einer besonderen Stelle.
8Jetzt trat auch der andere Jünger hinein, der zuerst am Grabe angekommen war, und sah es auch und kam zum Glauben;
9denn sie hatten die Schrift noch nicht verstanden, daß er von den Toten auferstehen müsse.
10So gingen denn die (beiden) Jünger wieder heim.

b) Jesu Erscheinung vor Maria von Magdala

11Maria aber war draußen am Grabe stehengeblieben und weinte. Mit Tränen in den Augen beugte sie sich vor in das Grab hinein;
12da sah sie dort zwei Engel in weißen Gewändern dasitzen, den einen am Kopfende, den andern am Fußende der Stelle, wo der Leichnam Jesu gelegen hatte.
13Diese sagten zu ihr: »Frau, warum weinst du?« Sie antwortete ihnen: »Man hat meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin man ihn gelegt hat.«
14Nach diesen Worten wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wußte aber nicht, daß es Jesus war.
15Da sagte Jesus zu ihr: »Frau, warum weinst du? Wen suchst du?« Sie hielt ihn für den Hüter des Gartens und sagte zu ihm: »Herr, wenn du ihn weggetragen hast, so sage mir doch, wohin du ihn gebracht hast; dann will ich ihn wieder holen.«
16Jesus sagte zu ihr: »Maria!« Da wandte sie sich um und sagte auf hebräisch zu ihm: »Rabbuni!«, das heißt »Meister«.
17Jesus sagte zu ihr: »Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht zum Vater aufgefahren! Gehe aber zu meinen Brüdern und sage ihnen: ›Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.‹«
18Da ging Maria Magdalena hin und verkündigte den Jüngern, sie habe den Herrn gesehen, und er habe dies zu ihr gesagt.

2. Jesus und die Jünger am Ostersonntagabend; des Thomas Unglaube und Bekehrung

a) Die Jünger ohne Thomas

19Als es nun an jenem Tage, dem ersten Wochentage, Abend geworden war und die Türen an dem Ort, wo die Jünger sich befanden, aus Furcht vor den Juden verschlossen waren, kam Jesus, trat mitten unter sie und sagte zu ihnen: »Friede sei mit euch!«
20Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite; da freuten sich die Jünger, weil sie den Herrn sahen.
21Dann sagte er nochmals zu ihnen: »Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende auch ich euch.«
22Nach diesen Worten hauchte er sie an und sagte zu ihnen: »Empfanget heiligen Geist!
23Wem immer ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, und wem ihr sie behaltet, dem sind sie behalten.«

b) Die Jünger mit Thomas

24Thomas aber, einer von den Zwölfen, der auch den Namen ›Zwilling‹ führt, war nicht bei ihnen gewesen, als Jesus gekommen war.
25Die anderen Jünger teilten ihm nun mit: »Wir haben den Herrn gesehen!« Er aber erklärte ihnen: »Wenn ich nicht das Nägelmal in seinen Händen sehe und meinen Finger in das Nägelmal und meine Hand in seine Seite lege, werde ich es nimmermehr glauben!«
26Acht Tage später befanden sich seine Jünger wieder im Hause, und (diesmal) war Thomas bei ihnen. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat mitten unter sie und sagte: »Friede sei mit euch!«
27Darauf sagte er zu Thomas: »Reiche deinen Finger her und sieh dir meine Hände an; dann reiche deine Hand her und lege sie mir in die Seite und sei nicht (länger) ungläubig, sondern werde gläubig!«
28Da antwortete ihm Thomas: »Mein Herr und mein Gott!«
29Jesus erwiderte ihm: »Weil du mich gesehen hast, bist du gläubig geworden. Selig sind die, welche nicht gesehen haben und doch zum Glauben gekommen sind!«

3. Schluß des Evangeliums

30Noch viele andere Wunderzeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buche nicht aufgezeichnet stehen;
31diese aber sind niedergeschrieben worden, damit ihr glaubt, daß Jesus der Gesalbte, der Sohn Gottes ist, und damit ihr durch den Glauben Leben in seinem Namen habt.

4. Nachtrag

a) Jesus offenbart sich seinen Jüngern am See von Tiberias; der wunderbare Fischzug

21
1Danach offenbarte Jesus sich seinen Jüngern noch einmal am See von Tiberias, und zwar offenbarte er sich auf folgende Weise:
2Es waren beisammen Simon Petrus und Thomas, der den Namen ›Zwilling‹ führt, Nathanael aus Kana in Galiläa, die (beiden) Söhne des Zebedäus und noch zwei andere aus der Zahl seiner Jünger.
3Da sagte Simon Petrus zu ihnen: »Ich gehe hin und fische!« Sie erwiderten ihm: »Dann gehen auch wir mit dir!« So gingen sie denn hinaus und stiegen in das Boot, fingen aber in jener Nacht nichts.

4Als es bereits gegen Morgen war, stand Jesus am Ufer; die Jünger wußten jedoch nicht, daß es Jesus war.
5Da rief Jesus ihnen zu: »Kinder, habt ihr nicht etwas (Fisch) als Zukost?« Sie antworteten ihm: »Nein.«
6Nun sagte er zu ihnen: »Werft das Netz nach der rechten Seite des Bootes aus, so werdet ihr einen Fang tun!« Da warfen sie es aus und konnten es vor der Menge der Fische nicht mehr (aus dem Wasser) herausziehen.
7Da sagte jener Jünger, den Jesus (besonders) lieb hatte, zu Petrus: »Es ist der Herr!« Als nun Simon Petrus hörte, daß es der Herr sei, gürtete er sich sein Obergewand um – er hatte nämlich nur ein Unterkleid angehabt – und sprang in den See;
8die anderen Jünger aber kamen mit dem Boote hinter ihm her – sie waren nämlich nicht weit vom Lande, sondern nur in einer Entfernung von etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.

9Als sie dann ans Land ausgestiegen waren, sahen sie ein Kohlenfeuer (am Boden) hergerichtet und Fische darauf gelegt und Brot (daneben).
10Jesus sagte zu ihnen: »Bringt noch einige von den Fischen her, die ihr soeben gefangen habt!«
11Da stieg Simon Petrus (in das Boot) hinein und zog das Netz ans Land, das mit hundertunddreiundfünfzig großen Fischen gefüllt war und trotz dieser großen Zahl nicht zerriß.
12Nun sagte Jesus zu ihnen: »Kommt her und haltet das Frühmahl!« Keiner aber von den Jüngern wagte die Frage an ihn zu richten: »Wer bist du?« Sie wußten ja, daß es der Herr war.
13Jesus trat nun hin, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso auch die Fische.
14Dies war nun schon das dritte Mal, daß Jesus sich nach seiner Auferstehung von den Toten seinen Jüngern offenbarte.

b) Petrus wieder in sein (Ober-) Hirtenamt eingesetzt; Weissagung über das Lebensende des Petrus und des Lieblingsjüngers

15Als sie nun das Frühmahl gehalten hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: »Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?« Er antwortete ihm: »Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe.« Da sagte er zu ihm: »Weide meine Lämmer!«
16Darauf fragte ihn Jesus zum zweitenmal: »Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?« Er antwortete ihm: »Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe.« Da sagte Jesus zu ihm: »Hüte meine Schafe!«
17Zum drittenmal fragte er ihn: »Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?« Da wurde Petrus betrübt, weil er ihn zum drittenmal fragte: »Hast du mich lieb?«, und er antwortete ihm: »Herr, du weißt alles; du weißt auch, daß ich dich lieb habe.« Da sagte Jesus zu ihm: »Weide meine Schafe!
18Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Als du noch jünger warst, hast du dir dein Gewand selbst gegürtet und bist umhergegangen, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Arme ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und dich an eine Stätte führen, wohin du nicht willst.«
19Dies sagte er aber, um anzudeuten, durch was für eine Todesart Petrus Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: »Folge mir nach!«

20Als Petrus sich dann umwandte, sah er den Jünger, den Jesus (besonders) liebhatte, hinter ihnen herkommen, denselben, der sich auch beim Abendmahl an seine Brust gelehnt und gefragt hatte: »Herr, wer ist’s, der dich verrät?«
21Als nun Petrus diesen sah, fragte er Jesus: »Herr, was wird aber mit diesem werden?«
22Jesus antwortete ihm: »Wenn es mein Wille ist, daß er bis zu meinem Kommen (am Leben) bleibt, was geht das dich an? Folge du mir nach!«
23So verbreitete sich denn diese Rede unter den Brüdern: »Jener Jünger stirbt nicht.« Aber Jesus hatte zu ihm nicht gesagt: »Er stirbt nicht«, sondern: »Wenn es mein Wille ist, daß er bis zu meinem Kommen (am Leben) bleibt, was geht das dich an?«

c) Zeugnis über den Verfasser des Buches und Schluß

24Dies ist der Jünger, der von diesen Dingen Zeugnis ablegt und auch diese Schrift verfaßt hat, und wir wissen, daß sein Zeugnis wahr ist.
25Es gibt aber noch vieles andere, was Jesus getan hat; wollte man das alles im einzelnen aufschreiben, so würde nach meiner Überzeugung die Welt die Bücher nicht fassen, die dann zu schreiben wären.